Horizont
Kauernd sitze ich in der dunklen Ecke des Raumes. Ich kann nicht atmen. Mich nicht rühren. Leeren Blickes starre ich an die Zimmerdecke. Das Gesicht pulsiert vor Schmerz - alle Tränen sind vergossen. Strähnen kleben an den genässten Wangen. Es ist völlig ruhig. Beruhigend. In diesem Moment, wo all die Trauer verflossen ist.
Mein Blick wandert ans Fenster. Entfernte Gestirne durchbrechen die Finsternis, erhellen den Horizont. Zitternd entferne ich mich vom kühlen Boden und schleppe mich ans Fenstersims. Die müden Augen fixieren die einzelnen Himmelskörper, lassen sich faszinieren von all der - Schönheit.
Eine Welle der Trauer überkommt mich. Ich presse die Kiefer zusammen - schließe die Augen - kralle die Fingerspitzen ins kühle Marmor, bis die Knöchel gerötet sind. Ich lasse es nicht zu. Nicht diesmal. Sie wird mich nicht ertränken. "Trau dich" - entflieht es den Lippen. Der Kiefer entspannt sich - die Finger lösen sich - ich öffne die Augen. Und dann lasse ich es zu. Hals über Kopf. Für einen Moment lasse ich mich fallen - ins Leben. Ein Wirr der Gefühle durchströmt mich - doch ich gehe nicht unter darin. Ich sinke zu Boden, überwältigt. Doch es fühlt sich anders an. Fremd. Befreit. Ich kämpfe nicht mehr dagegen an, ertrinke nicht in all dem. Ein wohliger Schauer durchfährt mich. Ich lächle. Ein Lächeln in all den fließenden Tränen. Doch es ist ein Lächeln. Ich atme. Ich lebe.
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