Ich bin AUCH ein Mensch
„Nein, geh bitte!“, sagen sie, als ich sie frage, ob der Platz frei sei.
Das ist immer so. „Nein, geh!“, ist immer die Antwort. Wo bin ich überhaupt? Gut geraten, ich bin in der Cafeteria. Aber ich habe Hoffnung. Ich brauche Hoffnung. Wenn ich keine Hoffnung hätte, würde ich, da ich immer keinen Platz finde, neben den Mülltonnen meine Jause essen. Allerdings dieses Mal nicht. Ich bin kein Müll! Nicht dieses Mal! Ich bin ein Mensch! Ich gehöre doch dazu, oder? Doch, ich gehöre dorthin! Dorthin wo alle, welche nicht“anders“ sind, miteinander sitzen und tratschen, lachen und vieles mehr. Ich werde dazu gehören und ich werde meinen Platz finden! Da, dort ist ein freier Tisch! Neeeein! Jetzt setzen sich andere an dem Tisch. Mist! Komm schon, es muss doch einen freien Tisch geben! Du schaffst das, du kannst das. Du wirst einen finden! Denk positiv! Tatsächlich hilft mir das und ich bin wieder mit großer Energie auf der Suche nach einem neuen freien Platz. Na endlich! Der perfekte Tisch! Er steht mitten in der Menge. Auf dem Stuhl lasse ich mich nieder und mache es mir bequem. Dann nehme ich meine leckere Jause, Semmel mit Butter und Schinken. Hungrig bin ich. Ich bin sehr, sehr hungrig.
Ich beiße hinein: „Mmmmmmmm, ist das köstlich.“
„Schön, dass es dir schmeckt!“, höre ich, „Das ist MEIN Tisch.“
Ich sehe eine Hand, die vor meinem Tablett auf den Tisch schlägt. Ich blicke auf. Oh Mann, sie schon wieder! Es ist Chloé mit ihrer Gang. Falls du Chloé noch nicht kennst, ist hier eine kurze Beschreibung von ihr: Chloé verhält sich immer so, als wäre sie die Königin der Schule. Aber, sie ist keine gute Königin, sondern die bösartigste, die ich kenne. Alle tun immer, was sie will. Sogar sämtliche Lehrerinnen und Lehrer ignorieren Chloé, wenn sie die Regeln bricht, nur, weil ihre Eltern superreich sind und viel Geld der Schule spenden. Das finde ich total unfair! Noch gemeiner finde ich jedoch, dass sie mir befiehlt: „Was machst du noch hier? GEH“BITTE“ WEG VON MEINEM TISCH! Wenn du die Regeln noch nicht kennst, sage ich es dir noch einmal: Schwarze Leute haben kein Recht mit uns weißen Menschen zusammenzusein.“ Plötzlich wirft sie mein Tablett MIT meinem Essen auf den Boden: „Verschwinde!“
In diesem Moment sehen uns alle an. All die Augen und Blicke sind auf uns gerichtet. Was sollte ein Mensch, der in der Menge nie akzeptiert wird, in dieser Situation machen? Wegrennen? Weinen? Nein! Er sollte die anderen zurechtweisen und genau das mache ich: „Stopp! Ich habe es satt. Ich will nicht mehr, dass andere mich nicht in ihrer Nähe akzeptieren, respektieren und vor allem runtermachen! Ich will keine blöden Kommentare mehr hören! Wisst ihr wieso? WEIL ICH AUCH EIN MENSCH BIN. Ja, ich gehöre dazu! Ich verdiene es, respektiert und, noch mehr, anerkannt zu werden. Denn ich bin ebenso ein Mensch, wie jeder andere Mensch! Und du Chloé! Du musst mir jetzt eine neue Jause kaufen, sonst…“ Alle, Chloé inkludiert, sehen mich bange an.
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