Ich habe Angst
Ich kann mich noch daran erinnern, als ich ein Kind war und gefragt wurde, vor was ich denn Angst habe. Damals war es einfach. Dunkelheit, Geister oder Spinnen wäre meine Antwort gewesen. Jetzt ist es ein klein wenig komplizierter. Ich bin zwar kein Kind mehr, aber ich habe trotzdem Angst. Eigentlich habe ich sogar noch viel mehr Angst. Wenn du fünf Jahre alt bist, kannst du deine Ängste mit deinen Fingern aufzählen, aber wenn du älter wirst, realisierst du nicht mal die Hälfte von den Ängsten, die du hast, weil sie unendlich erscheinen. Ich glaube, das ist so, weil dir nicht mehr erlaubt wird dich zu fürchten wenn du Erwachsen bist. Von dir wird erwartet, dass du stark und mutig bist, aber unsere eigenen Definitionen von Stärke und Mut sind falsch. Heute habe ich Angst vor allem. Und gestern hatte ich Angst, das zuzugeben. Und vorgestern hatte ich Angst, es überhaupt einmal wahrzuhaben. Also ja, ich bin stark und ich bin mutig, weil heute meine Ängste mir gehören. Ich habe Angst davor zu versagen, jeden zu enttäuschen, der Hoffnung in mich setzt und vor allem mich selbst zu enttäuschen. Ich fürchte mich vor der Liebe. Zu viel zu geben und mich selbst zu verlieren. Ich habe Angst Zeit zu verschwenden und eines Tages aufzuwachen und zu realisieren, dass ich noch nicht mal einen meiner 1000 Träume erfüllt habe. Ich habe Angst davor, rauszugehen und dafür bewertet zu werden wie ich bin, wie ich aussehe und wie ich mich verhalte. Ich habe Angst davor nicht genug zu sein. Für die Schule, die Menschen um mich herum und für mich selbst. Ich fürchte mich davor, zu wenig zu fühlen und zu viel zu fühlen. Ich habe Angst davor, dass ich in falschen Entscheidungen und Fehlern in der Vergangenheit untergehe, aber ich habe auch Angst vor der Zukunft. Vor dem Ungewissen und dass Dinge außer Kontrolle geraten. Ich fürchte mich, wenn ich von vielen Leuten umgeben bin, aber noch viel mehr fürchte ich mich vor dem Alleinsein.
Und ich habe immer noch Angst vor der Dunkelheit, Geistern und Spinnen.
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