Ich habe bereits genug.
Irgendwann merkt man, wenn es genug ist. Spätestens, wenn es zu viel war.
Aber das eigentliche Problem ist es doch nicht, zu merken, wenn man eine Grenze überschreitet.
Nein, das schwierigste ist, es vor den anderen zuzugeben.
Doch da sitze ich, inmitten all dieser Leute, die noch nicht genug haben.
Was würden sie sagen, wenn sie herausfinden, dass ich gerade aufgeben will?
Würden sie lachen? Wütend sein? Enttäuscht?
Ich weiß es nicht, aber ich habe Angst, es herauszufinden.
Ich will doch niemandem wehtun.
Aber ich habe doch genug.
Ich weiß, dass alles morgen anders aussehen wird.
Morgen werde ich mehr wollen, mich vielleicht sogar ärgern, dass ich heute schon so früh genug hatte.
Doch wieso sollte ich mich jetzt quälen, wo ich doch für diesen Tag schon genug habe?
Genug. Genug. Genug.
Ist es wirklich sinnvoll, mehr zu haben, als genug?
Ich glaube nicht.
Oft kann es schlimme Folgen haben, zu viel zu nehmen.
Oder man nimmt jemandem etwas weg, der zu wenig bekommt, obwohl man selbst doch genug hat.
Die Gespräche verstummen und die Stille reißt mich aus meinen Gedanken, als die Gastgeberin aufsteht und die entscheidende Frage an mich stellt:
„Mehr?“
Erwartungsvolle Augen richten sich auf mich, und ich merke, wie ich nervös werde.
Konnte ich das Angebot wirklich ablehnen?
Doch ich weiß, dass ich mein Limit erreicht habe, und so schiebe ich lächelnd den Teller weg und sage:
„Danke, aber ich habe bereits genug.“
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