„Ich habe fertig!“
Als Sport- bzw. Fußballfan fallen einem viele Interviews ein, in denen die jeweiligen Sportler „die Schnauze voll haben“ und dies auch klar und deutlich zum Ausdruck bringen. Im Jahr 1998 hat der derzeitige Nationaltrainer des Vatikan, Giovanni Trapattoni, mit seiner dreieinhalbminütigen Brandrede seinen Ärger freigelassen. Am Ende des Ausbruches hatte nicht nur er, sondern auch seine Stimme, genug. Mit den Worten „Ich habe fertig“ hat er den Journalisten den Rücken zugewendet.
Diese Rede ist meiner Meinung nach sehr bemerkenswert, denn jeder Mensch hat irgendwann einmal genug. Der Unterschied ist allerdings, dass nicht jeder vor die Medien tritt und seinen Zorn hinausbrüllt. Doch wieso kommt das Gefühl immer wieder auf, genug zu haben? Genug von den Medien, genug von der Arbeit, genug von der Familie und vermutlich auch genug von Freunden und Bekannten.
Wahrscheinlich sind alle genannten Faktoren Teil einer Spirale, der wir nicht entkommen. Der Unmut beginnt beim Frühstück, an dem zumeist ein Morgenmuffel die Vorfreude auf die Arbeit entsprechend erhöht, wird fortgesetzt in der U-Bahn, wo man sich durch einen Dschungel von Gratis-Zeitungen den Weg ebnet und erreicht den Höhepunkt beim Anblick der Leserschaft dieser Zeitungen. Man darf genug haben. Genug von Print-Medien, deren einziges Ziel es ist, das Volk verdummen zu lassen.
„Abdera ist überall“, Wielands Fazit nach jahrelanger Forschung über die Dummheit. Die Menschheit scheint sich von ihr nicht lösen zu können. Neue Print-Medien und unqualifizierte Blogs bzw. Kommentare im Internet scheinen diesen Prozess zu unterstützen. Wobei der Fortschritt in der Menschheitsgeschichte schon immer Kritik vertragen musste. So bezeichnete Alexander Pope (1688-1744) den Buchdruck als „einen eilfertigen Unsinn, der des Hirnes Zickzack durchläuft“.
Genug von der kollektiven Dummheit, die sich in Form eines religiösen oder ideologischen Fanatismus artikuliert. Genug von religiösem Extremismus und infolgedessen genug vom Krieg auf dieser Welt. Ich würde mich über eine Welt ohne Krieg freuen, eine Welt, in der die Energie des Krieges in Schöpferisches umgesetzt wird. Allerdings sind dies höchstwahrscheinlich naive Ansichten, da der Homo Sapiens ein streit- und konfliktsüchtiges Wesen ist. Außerdem ist Naivität ebenfalls Bestandteil Abderas, daher ist tatsächlich keiner von ihr verschont.
Im Zuge der angesprochenen Globalisierung und dem technischen Fortschritt würde ich gerne mit meinem persönlichen Lieblingszitat abschließen, denn ich habe noch nicht genug. „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht“-Vaclav Havel.
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