Im Auge der Zukunft sind wir alle blindvon Johanna Leidinger
Exzerpt aus einem Brief an eine Person in meinem Leben, Nr. 1:
„Ich weiß, du nimmst das Schreiben deiner Lebensgeschichte selbst in die Hand.
Ich weiß, du versuchst unablässig, die richtigen Worte für das nächste Kapitel zu finden.
Du denkst, du hast nicht genug Zeit, um das Schauspiel zu vollenden.
Du denkst, dein Leben muss bald bereit für die Bühne sein.
Ich verstehe dich.
Ich dachte nur, ich würde eine größere Rolle in deinem Theaterstück spielen.
Ich habe Angst, dich zu verlieren.“
Die Zukunft besteht aus Angst.
Sie besteht aus Schmerz,
von dem man nicht heilen will,
weil er alles ist, was man kennt.
Exzerpt aus einem Brief an eine Person in meinem Leben, Nr. 2:
„Ich weiß, du bekämpfst jeden Tag deine Dämonen
und ich bin stolz auf dich.
Ich weiß, du denkst, sie gewinnen.
Du siehst nicht, was ich sehe.
So phänomenal lebendig.
Du denkst, man kann dich nicht lieben.
Lass mich dir das Gegenteil beweisen.“
Die Zukunft besteht aus Mut.
Sie besteht daraus, zu lernen,
dass man mehr von dieser Welt erwarten darf
als Schmerz.
Sie besteht aus Heilung.
Exzerpt aus einem Brief an eine Person in meinem Leben, Nr. 3:
„Ich werde nie vergessen,
wie sicher ich mich in deinen Armen gefühlt habe.
Aber du musst jetzt loslassen.“
Die Zukunft besteht aus Dunkelheit.
Sie besteht aus Blindheit.
Sie bleibt stets unerkannt,
trotzt allen Versuchen der Kontrolle.
Wir haben Angst vor der Dunkelheit.
Wir haben Angst vor dem, was sie verbirgt.
Es gibt keinen Grund, Angst vor der Angst zu haben.
Sie ist die Brücke, die uns verbindet.
Es ist unsere Verantwortung,
sie festzuhalten wie eine Geliebte,
sie vor unserer Seele zu rezitieren wie ein Mantra
sie in die Dunkelheit zu schreien und zu warten;
auf das Echo von tausend Stimmen der Vergangenheit.
Exzerpt aus meinem Dialog mit mir aus der Zukunft:
„Ich habe Angst.“
„Ich auch.“
Ich bin daran gewöhnt,
Kraft in meine Knochen zu flüstern,
als würde ich sie beschwören.
Aber kann ich jemals erklären
warum sie überhaupt zittern?
Die Zukunft besteht aus Träumen
und doch hält sie uns nachts wach.
Die Zukunft ist ein Produkt unserer Synapsen
und doch wirkt sie real.
Sie ruft Emotionen hervor, die noch gar nicht existieren,
die unsere Seelen entflammen,
unser kleines Fleckchen Existenz einfärben
in den Schattierungen aller Farben, die der Kosmos zu bieten hat.
Die Zukunft besteht aus Hoffnung.
Sie bietet keine Versprechen
und keine Gewissheit.
Sie bietet weder Gut noch Böse.
Sie bietet niemals genug Zeit.
Aber sie bietet Hoffnung.
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