Im Augenblick ist alles gut
Im Augenblick ist alles gut. Sehr gut. Fast schon zu gut. Im Augenblick stolpere ich bei der Wohnungstür hinein. Meine Arme vollbepackt mit Geschenken von meinem 8. Geburtstag. Schnell will mir meine Mutter etwas abnehmen, bevor mir gleich alles aus den Händen fällt. Völlig überdreht renne ich mit meiner Freundin in mein Zimmer, um noch mit den ersten Geschenken zu spielen, bevor wir schlafen gehen müssen, denn morgen ist Schule. Ja, richtig gehört, es ist mitten in der Schulwoche und trotzdem darf eine Freundin übernachten. Eigentlich geht das sonst nur am Wochenende. Aber ich habe schließlich Geburtstag. Ich liebe Geburtstage. Zumindest noch in diesem Augenblick.
Dennoch muss ich jetzt schlafen. In den nächsten Tagen habe ich viel vor. Mein Geburtstagswochenende steht an und das heißt vor allem eins: Feiern. Und das mit meiner ganzen Familie. In meinem Kopf gehe ich nochmal durch, was für Geschenke ich vielleicht noch bekommen würde. Aber bei einem war ich mir ganz sicher: Ein Geschenk, dass ich mir schon seit Monaten wünschte. Ich wünsche mir von ganzem Herzen endlich wieder meine Oma zu sehen.
Seit ein paar Monaten, liegt sie im Krankenhaus. Dort durfte ich sie zwar immer besuchen, aber seit sie vor ein paar Wochen einen Herzinfarkt erlitt, liegt sie auf der Intensivstation. Und seitdem ist mein größter Wunsch sie endlich wieder zu sehen. Selbst, wenn es nur für einen Augenblick ist. Meine Eltern haben sogar extra mit ihren Ärzten geredet und weil ich Geburtstag habe, darf ich sie ausnahmsweise sehen. Ich liebe Geburtstage. Zumindest noch in diesem Augenblick.
Im nächsten werde ich von meiner Mutter wachgerüttelt und die ersten Sonnenstrahlen kitzeln meine Nase. Zeit aufzustehen und mit meiner Freundin in die Schule zu gehen. Aber dieser Moment war anders. Das Lächeln meiner Mutter, war nicht das Gleiche. Das Funkeln in ihren Augen war verschwommen. In diesem Augenblickt konnte ich noch nicht erahnen, dass meine Oma vor einer Stunde verstorben ist. Vielleicht wollte ich es auch einfach nicht wahrhaben.
Bis heute erinnere ich mich an den Augenblick, als ich von ihrem Tod erfuhr, als ob es gestern wäre. Der Augenblick in dem plötzlich alles stehen bleibt und ich die Welt in Zeitlupe sehe. Ich spüre noch immer die Tränen, die mir aus dem Augen quillen und meine Wangen runter laufen. Ich erinnere mich, wie ich meinen Kopf hektisch schüttle, weil ich mir wünsche es wäre nicht wahr. Das wünsche ich mir bis heute. Das wünsche ich mir jedes Jahr, vor allem wenn mein Geburtstag ansteht und ich realisiere, dass sie mir nie wieder gratulieren kann. Ich wünschte, ich hätte sie noch einmal gesehen. Nur für einen Augenblick.
Doch umso älter ich werde, desto mehr realisiere ich, dass ein Augenblick viel zu kurz ist. Viel zu vergänglich. Doch was für immer bleibt, sind Erinnerungen. Erinnerungen an all die Geburtstage, die ich mit ihr feiern durfte, an all die schönen Momente und Augenblicke. Augenblicke, die ich für immer als Erinnerunge
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