Im Einklang mit der Seele
Erst ging er, dann fing er an zu rennen, bis ihm nichts anderes übrigblieb. Immer schneller. Menschen schossen links an ihm vorbei, rechts verschwanden die Zurückgelassenen in der Dunkelheit. Ihm schien sein Leben wie eine endlose Bahn: ohne Halt, ohne Rücksicht, ohne jegliche Garantie.
Aber ist das sterbliche Dasein der anderen etwa nicht genauso?
Der Gedanke kehrte immer wieder in ihm zurück, hartnäckig wie ein Widerspruch, der nicht verblassen wollte. Vielleicht war es auch nur die Müdigkeit, das Verschwinden seiner Neugierde. Sein Blick blieb starr in Richtung nach vorn, doch in ihm hatte sich etwas verschoben. Er wusste es selbst nicht. Zum ersten Mal spürt er nun, wie seine Mundwinkel Richtung Boden fielen, sein Herz wie Glas zerschmettert war und seine Gedanken chaotisch waren.
Da fiel sein Blick zur Seite. Neben ihm lief eine Frau, zehn Jahre jünger, aber ebenso eine verlorene Seele. Halbherzig setzte sie einen Fuß vor den anderen, ohne ihrer Umgebung einen Blick zu schenken. Menschen aller Altersstufen sprinteten an ihnen vorbei, die Arme ausgestreckt nach etwas Unsichtbarem. Doch sie selbst schienen nicht zu wissen, wonach sie griffen.
Er wollte langsamer werden. Er wurde langsamer.
Da ertönte ein Ruf in seinem Inneren: „Beeil dich!“, seine eigene Stimme.
Entsetzt fragte er: „Warum? Wozu, wenn nicht einmal mein , , Ich‘‘ weiß wonach ich mich sehne? Wenn das Gefühl, in einem schwarzen Loch ohne Ausgang gefangen zu sein, Tag für Tag mein schwaches Herz durchbohrt? ‘‘
, , Stille‘‘
, , Ich will leben. Mein Leben leben. Im Moment leben. Ohne Stress, ohne Vorwürfe, ohne Angst.“
Die Stimme lachte höhnisch: „Das glaubst du doch selbst nicht. Du wurdest nicht für Ruhe erschaffen, sondern für den Sieg.“
Festentschlossen entgegnete er: „Ein Sieg ohne den Genuss des Lebens ist nichts wert.“
Mit diesem Satz durchtrennte er das rabenschwarze Lebensseil und griff nach dem Faden seines eigenen Schicksals. Er blieb stehen. Und in diesem Moment brach die Sonne durch die Wolken, legte goldene Strahlen auf sein haselnussbraunes Haar. Ein warmer Sommerwind fuhr ihm entgegen und er atmete tief auf. Am Wegesrand tanzten Kirschblüten in der Luft, als wollten sie ihm ein Lächeln schenken.
Plötzlich war alles an seinem Platz.
Er hatte verstanden: Das richtige Tempo liegt nicht in den Uhren, nicht in den Plänen, nicht in den Regeln. Es liegt in jenem einen Schritt, der sich wirklich lebendig anfühlt!
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