Im Moment des Bewusstseins
Es ist acht Uhr am Abend und ich wandle den Gang entlang auf die Bühne. Ich kann mich kaum aufrecht halten, meine Hände, die das Mikrofon umklammern, zittern und sind schweißnass. Ich bin einer Ohnmacht nahe. Nun ist er endlich hier, der Tag, den ich schon seit Wochen herbeisehne. Trotzdem werden meine Schritte langsamer und da trifte mich plötzlich das Scheinwerferlicht. In den Gesichtern von über hundert Menschen kann ich Erwartung, Spannung und Neugierde lesen. Und es freut mich irrsinnig, ihnen mitteilen zu können, was ich zu sagen habe. Da bekomm ich auch schon den Wink meines Kapellmeisters, mein Solo zu beginnen. Ich atme noch einmal tief durch und beginne mit den ersten Wörtern. Als ich die ersten Sielben hinter mir habe, fange ich an zu schweben, meine Füße berühren nicht mehr den Boden und ich spüre, wie sich in mir ein Fenster öffnet. Ich kann meinen ehemaligen Freund sehen, den ich abgewiesen habe, wegen meiner eigenen Bedürfnisse, wie er mich in den Armen hält und mir sanft über die Hand streicht. Automatisch übertrage ich diese Szene in diesen Satz. “So goodbye please don`t cry, we both know i am not what you need”. Ich kann förmlich spüren, wie diese Wörter in mir zu zerspringen drohen. Dieser Druck, der sich in mir aufbaut, aufsteigt und immer stärker wird, dass ich mir einbilde, meine Liebe nicht haben zu können, dass die Schule wichtiger ist, dass ich ihn sehr verletzt habe, aber der größte Schmerz aber ist, dass ich ihn noch liebe, nicht aufhören kann zu lieben und beim Gedanken, ihn verlassen zu haben, bricht mir das Herz. Mit diesen Bildern, Gefühlen und Gedanken vor Augen singe ich die letzten Worte“I will always, I will always love you”. Mir laufen die Tränen über die Wangen, doch ich realisiere sie nicht. Ich sacke auf die Knie und halte mir meine beiden Hände schützend vors Gesicht. Der tosende Applaus, der folgt, rauscht in meinen Ohren. Ich will meinen Gefühlen nicht nachgeben. Nein, ich will nicht! ! Als ich jedoch vor die Hallentür gehe und einen Arm um meine Schulter spüre, kann ich mich nicht mehr im Zaum halten. Ich stürze mich in sine ausgebreiteten Arme und lehne meinen Kopf an seine schützenden Schultern und genieße diesen besonderen Augenblick, ihn nie wieder gehen lassen zu müssen. Ihn nicht mehr loslassen zu müssen.
Diese Erkenntnis, ihn zu brauchen und der darauffolgende schönste Augenblick meines Lebens zeigt mir, wie oft wir Menschen das Wesentliche im Leben nicht erkennen und dieses von uns fernhalten oder sogar abstoßen. Ich habe mir an diesem Abend vorgenommen, besser auf mich selbst zu hören, auf meine Gefühle, und sie nicht von anderen bestimmen zu lassen!
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX
Ihre Spende ist steuerlich absetzbar!
Spendenbegünstigung gemäß § 4a Abs. 4 EStG 1988; Registrierungsnummer KK32646
Weitere Antworten rund um die Spendenabsetzbarkeit für Privatpersonen und Unternehmen
