In der Herrenumkleide
Phase - ein Wort, das ich schon mein gesamtes Leben höre. Nein, ich spreche nicht von der Phase der Pubertät. Ich spreche vom Leben. Ich spreche von mir. Denn das gesellschaftliche Konstrukt und der Zwang, in eine Kategorie passen zu müssen, machen mich krank. Es ist grausam, jemand sein zu müssen, der zwischen den Reihen existiert. In den dunklen, kalten Ecken einer unendlich scheinenden Verdammnis zu leben. Viele bezeichnen es als „das andere Ufer“, ich hingegen bezeichne es als eine Identität. Und ist nicht jede Identität geschaffen von uns? Was ist mit den Menschen, die nicht ins herkömmliche Spektrum passen? Den Menschen, denen keine Beachtung geschenkt wird? Was ist zu liberal? Was zu tolerant? Ich sehe nur reine Ignoranz gegenüber den Menschen, die den Vorstellungen einer heteronormativen Welt um sie herum nicht entsprechen. Aber ich träume von einem Leben, das von Selbstbestimmtheit und Toleranz geprägt ist. Ich spreche dabei von mehr als nur Sexualität oder Identität. Ich spreche von Gefühlen. Dem psychischen Wohlergehen all derer, die nicht gehört werden.
Es ist so schwer mit dem Wissen aufzuwachsen, nicht akzeptiert zu werden. Aufzuwachsen, ohne wirklich dazuzugehören. Nicht imstande zu sein, Beziehungen aufzubauen, weil man einfach Angst davor hat, das Rampenlicht anzuziehen. Verfolgt von Vorurteilen und Stereotypen, die einen so weit in die Enge treiben, bis den Lungen die letzten Reserven Sauerstoff entweichen. Sich wie ein Schatten zu fühlen ohne Körper: das wahre Ich versteckt und eingesperrt in unendlicher Dunkelheit. Was ist eine Phase, wenn sie mein gesamtes Leben anhält? Bin ich dazu bestimmt, zwar in der Gesellschaft verweilen zu dürfen, mich dabei aber gleichzeitig vor ihr verstecken zu müssen? Bin ich dazu bestimmt, für immer als „anders“ abgestempelt zu sein? Nein, ich habe eine starke Stimme, die nun schon viel zu lange unterdrückt wurde.
Entscheidungen über die eigene Identität werden schon vor der Geburt getroffen. Die Konsequenzen, aber tragen wir. Wir sind Träger der Narben der Vergangenheit und Zukunft, weil sich das Bild all jener, die von der gesellschaftlich akzeptierten Norm abweichen, in der Geschichte nie geändert hat und sich nie ändern wird.
Wo meine Geschichte beginnt? In der Herrenumkleide…
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