Innere Dämonen
Nebel umgab mich. Stoßweise atmete ich ein und aus. Ich zitterte am ganzen Körper. Meine Beine drohten nachzugeben und Panik breitete sich in mir aus. Ich konnte ihm nicht entkommen. Niemand konnte das. Das wusste ich. Und er auch.
Hektisch blickte ich mich um, doch sah nichts. Und trotzdem war ich nicht allein. Ich spürte seine Anwesenheit, wie ein dunkler Schatten verfolgte er mich. Ich wollte weglaufen, doch ich konnte nicht. Es war, als ob mein Körper mir nicht mehr gehorchen würde. Es wäre vernünftig, sich einfach zu ergeben. Vielleicht würde er dann gnädig zu mir sein. Doch das glaubte ich nicht. Viel zu oft war ich ihm schon entkommen. Das machte ihn wütend. Sehr wütend. Damit war jetzt Schluss. Nun saß ich in der Falle.
„Geh!“, schrie ich in den Nebel hinein und Tränen liefen mir die Wangen hinunter.
Ich bekam keine Antwort.
„Geh! Bitte!“
Vor lauter Angst konnte ich kaum atmen. Mir schnürte es die Kehle zu, als ich eine schnelle Bewegung im Augenwinkel sah. Er war da und hörte jedes einzelne Wort. Doch warum sollte er antworten? Bald war ich nicht mehr hier. Wenn er Probleme hatte, räumte er sie einfach aus dem Weg. Ich war so ein Problem.
„Geh bitte“, flüsterte ich.
Plötzlich bemerkte ich einen Luftzug hinter mir und spürte kaltes Metall, das an meinen Hals gedrückt wurde. Ich wagte nicht zu atmen.
„Bitten hilft dir nicht mehr. Schließ mit deinem Leben ab. Es ist vorbei.“
Seine raue Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken. Er hatte Recht. Es war vorbei. Ich hatte ein schönes Leben. Doch ich wollte noch nicht sterben.
„Irgendwelche letzten Worte oder Wünsche?“, fragte er und lachte.
Ich wandte mich zu ihm und ignorierte mein Blut, das auf den Waldboden tropfte.
Seine Miene war undurchdringlich. Keine Emotionen. Keine Gefühle. Nichts.
Wir starrten uns an. Dann fand ich meine Stimme wieder.
„Ich wünschte, du hättest dich nicht verändert. Ich wünschte, du wärst wie früher. Du konntest deine inneren Dämonen noch nie bekämpfen. Aber ich konnte es. Ich war dein Engel, der immer mit dir gekämpft hat. Der dich geliebt hat. Der immer das Licht in dir sah.“
Seine schwarzen Augen schauten mich an.
„Du lügst.“
Ich blickte ihn an.
„Tu ich das?“
„Ja.“
Dann schrie ich. Seine Dämonen griffen nach meiner Seele. Ich konnte mich nicht wehren. Das Böse war in mir. Es erfüllte mich.
„Vielleicht warst du mein Engel. Doch jetzt bist du es nicht mehr. Jetzt hast du eine Seele, die vergiftet wurde. Weil du mich geliebt hast. Weil du mir vertraut hast. Weil du immer nur das Gute gesehen hast. Willkommen in der dunklen Welt, Prinzessin.“
Dann verdunkelte sich meine Sicht. Ich hatte keine Gefühle mehr. Es war mir alles egal. Ich sah ihn an und wusste, dass ich nun so war wie er. Ein Körper ohne Seele. Innerlich tot.
„Geh bitte“, sagte ich mit kalter Stimme.
„Zu spät“, antwortet er, dann packte er mich am Arm und zog mich mit.
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