Innere ( Un) ruhe
Starr! Der Blick ist starr auf den Horizont gerichtet. Ruhe. Stille. Nein! Unruhe! Innen. Im Inneren. Die Fassade verbirgt die Unruhe.
Vor ihm ein See. Eine glatt geschliffene Wasseroberfläche. Ganz klar. Durch nichts getrübt. Ehrlich! Da sitzt er. Am Ufer. Beine hochgezogen. Es ist kühl. Nicht kalt, aber eine kühle Brise lässt ihn zittern.
Brot, das seine knochigen Finger zerteilen. Krümel, die er in regelmäßigen Abständen ins Wasser wirft. Plötzlich. Ein Fischschwarm. Hungrig.
Hungrig. Alle waren sie hungrig. Nichts hatten sie gehabt. Er hatte ihnen zu essen gegeben. Nicht viel. Aber etwas. Abgemagert waren sie gewesen. Flüchten ist gefährlich. Familie verloren. Er hatte das Leid gesehen. Selbst. Mit eigenen Augen.
Mehr. Die Fische wollen mehr. Er gibt. Haben sie noch Hunger? Nein! Gier! Gierig waren sie alle. Wir. Ihr. Die Menschen. Alle. Er. Sie. Sie wollte mehr. Es hatte ihr nicht gereicht. Sie war gierig.
Strafe. Sie sollen dafür bezahlen. Steine. Kleine Kieselsteine. Ins Wasser. Das Wasser wird unruhig. Die Fische fressen. Steine. Schlagen. Er will sie schlagen. Er zielt. Tod. Der Erste ist tot. Er will den Tod. Für sie. Sie waren gierig. Mehr Steine. Immer mehr. Unruhe. Lärm. Mord. Sie sollen sterben.
Einer. Nur noch einer. Er, er sieht sich in ihm. Wie wäre es. Im Wasser. Geschlagen. Von Steinen. Umgeben von Toten. Nicht wissen. Untertan sein. Der Hals. Da sein. Aber nicht der Kopf, der bestimmt. Sein Kopf will Auslöschung. Unruhe. Spannung. Flirren. Ein Wurf. Der Fisch, tot.
Nur noch er. Allein. Alle tot. Nur noch er. Am Ufer. Beruhigung. Leise. Atmen. Aufstehen. Fest. Mit dem Boden eins sein. Wille. Klarheit. Entschluss. Neben ihm, ein Stein. Groß, wie sein Kopf. Spitz. Spitz genug für den Hals?
Bücken. Aufheben. Halten. Wissen. Entschluss. Ein letzter Blick auf die Wasseroberfläche. Ruhe. Vollendung. Stille.
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