Insektenhaut

Tiefe Bässe dröhnen über meine portable Musikbox direkt in den unteren Teil meines Magens und verursachen dort ein leichtes Kribbeln, welches mich nur noch mehr anspornt, mit dem Sänger um die Wette zu grölen. In meiner rechten Hand befindet sich ein kleines scharfes Messer, was unter meiner Führung in regelmäßigen Abständen durch Äpfel, Bananen und Co. gleitet.

Meine Mutter betritt die Küche und blickt mich völlig verstört an.

„Du hast mir doch versichert, du würdest die Musik diesmal nicht ganz so laut drehen.“

Ich grinse sie zuckersüß an. „Hab ich auch nicht. Sie ist zwei Stufen leiser als gestern.“

Die Mundwinkel meiner Mutter bewegen sich langsam nach oben. Ich erkenne ein leichtes Kopfschütteln.

Für ein paar Sekunden beobachtet sie meine Bewegungen wortlos. Dann ziehen sich ihre Augenbrauen urplötzlich zusammen und Skepsis legt sich auf ihr Gesicht.

„Warum nutzt du die Mandarinen nicht? Die gehören doch in den Obstsalat rein.“

„Ne, die mag ich nicht.“

„Aha. Und warum?“

„Ich ess‘ nur die aus der Dose. Bei den Frischen stört mich die Haut.“

„Wieso das denn?“

„Na weil die wie die abgestoßene Haut eines Insektes aussieht. Und die will ich nun mal nicht im Mund haben.“

Diese Aussage entlockt meiner Mutter ein belustigtes Glucksen.

„Bitte was? Wie sieht die aus?“

„Na wie eine Insektenhaut; von ‘ner gehäuteten Schlange oder ‘ner Maikäferlarve oder so.“

„Du weißt, dass eine Schlange-“

„Ja, ich weiß, dass eine Schlange ein Reptil ist. Wollte es dir ja nur verbildlichen.“

Sie stützt sich an der Küchenzeile ab und schaut geradeaus aus dem Fenster.