Irrungen
Das dumpfe Geräusch des sich ständig wiederholenden Auftretens meiner Füße übertönt die Musik. Im Takt gleitet der Boden unter mir hinweg. Während ich in ungleichmäßigen Abständen nach Luft ringe, erfassen meine Hände das träge vor sich hintuckernde Geländer der Rolltreppe. In Schrecken nehme ich den entfernten Klang einer sich in Bewegung setzenden U-Bahn wahr. Auf einmal hellwach, haste ich die Treppen hinunter, nur um auf einem leeren Bahnsteig anzukommen. Desorientiert blicke ich umher; die Nächste würde erst in dreiundzwanzig Minuten kommen. Ich zögere, überlege. Nur um im nächsten Moment mitzubekommen, dass es kommt wie es kommen muss; mein Daumen presst auf den mittlerweile vertrauten Namen und meine zitternde Hand wandert dicht an mein Ohr. Es ist fast schon lächerlich, wie schnell mein Herz im Vergleich zum Wählton schlägt. Er hebt nicht ab. Erleichterte Enttäuschung strömt durch mein zerrüttetes Bewusstsein. Wahrscheinlich besser so. Sicher ist es besser so. Lächerliche Gefühle; sie plagen mich. Zerren hin, zerren her; stehlen Schlaf und Nerven. Ach, lasst mich doch zufrieden!
Altbekannte Empfindungen verwirren sich in neuen Gedanken; geleiten mich von Tag zu Nacht; zerlegen Stunden zu Minuten; nagen an meinem Selbstbewusstsein; halten mich in einem seidenen Gefängnis - himmelhoch jauchzend zu Tode betrübt in der Tat. Realität verfließt zu Traum; Trugbilder schleichen in meinem Bewusstsein herum; sie lachen und lachen. Ein hässlicher Ton; schrill und zu hoch - Nein! Diesmal ist es Realität; das Handy läutet. Nach kurzen Worten lege ich auf und mache eine Kehrtwende Richtung Ausgang.
Um der langsam aufwallenden Nervosität zu entkommen suche ich den ganzen Weg über nach dem perfekten Lied. Natürlich scheitere ich kläglich. Lichter, Gesichter und Eindrücke huschen vorbei, unerkannt in der Dunkelheit. Als ich das Auto endlich erreiche, zögere ich kein bisschen: In einer schwungvollen Bewegung öffne ich die Tür, falle auf den Sitz und drehe mich zu der grinsenden Figur neben mir. Die Ruhe, die sich mit einem Schlag in mir ausbreitet, ist willkommenes Neuland.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX
Ihre Spende ist steuerlich absetzbar!
Spendenbegünstigung gemäß § 4a Abs. 4 EStG 1988; Registrierungsnummer KK32646
Weitere Antworten rund um die Spendenabsetzbarkeit für Privatpersonen und Unternehmen
