It takes him under.
Helles Haar, wässrig-blaue Augen, blass. Unscheinbarer als unscheinbar.
Darum fiel er auch niemandem auf, zusammengekauert auf dem kalten Stein am Rand des Freizeitparkwegs, die Hände auf dem Gesicht, die Lippen verkniffen. Er kämpfte mit Macht gegen die Tränen an, die so unbedingt vergossen werden wollten.
Sein Hals tat ihm weh und in seinen Schläfen pochte Schmerz.
Überall sein, nur hier nicht.
Er schniefte leise und rieb sich unwillig die Augen, beugte sich weiter vor, machte sich noch kleiner. Und versuchte sich zu erinnern, an den Spaß mit seinen Freunden, das Adrenalin in seinen Adern beim Achterbahnfahren.
Aber da waren weiter nur Hilflosigkeit und Wut, die er selbst nicht verstand.
Er wollte hier weg, raus aus dem Freizeitpark, weg von all diesen Menschen, deren Schritte und Worte und Gelächter und Streit er so intensiv wahrnahm. Er hatte das Gefühl, alles war plötzlich lauter und jeder - Jeder! - blickte ihn an, obwohl er doch eigentlich niemanden hier interessierte.
Es drückte ihn zu Boden, mit aller Macht, raubte ihm im ersten Moment so sehr den Atem, dass er verzweifelt nach Luft schnappen musste.
Seine Fingerspitzen krallten sich fester in sein Haar, als es ihn abermals übermannte, und trauriges, salziges Wasser über seine Wangen zu fließen begann.
Ein krächzender, erstickter Laut verließ seine trockenen Lippen.
Ich will nach Hause. Nach Hause, nach Hause, nach Hause. Ich will nach Hause.
Die Fingernägel gruben sich fast schmerzhaft in seine Kopfhaut. Tränen tropften von seinem Kinn, Tropfen für Tropfen, und sogen sich in sein rotes T-Shirt.
Er zog geräuschvoll die Nase hoch und ließ die Hände behutsam an seinem nassen Gesicht hinunterrutschen, bis sie auf seinen Kopfhörern zum Liegen kamen.
Fast automatisch glitt sein rechter Daumen zum On-/Off-Schalter an der Ohrmuschel. Das rote Licht leuchtete auf, begann zu blinken, und seine Finger schlossen sich ganz um sie, hoben sie auf seinen Kopf.
Augen schließen. Tief ein- und ausatmen. Auf das Ein- und Ausströmen der Luft konzentrieren. Die Musik fühlen, statt des Unwohlseins, statt der Angst und der Wut, die er jetzt in Tim McIlraths Stimme hörte. Darin versinken.
Die Lieder, die ihm so vertraut waren, die er so liebte. Ein Zuhause. Eine Welt fernab dieser, die voll zu vieler Eindrücke, zu vieler Menschen war.
Er spürte, wie der Schlag seines Herzens sich langsam beruhigte. Und seine Lippen formten:
This world is too much noise.
It takes me under.
It takes me under once again . . .
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