Jazz läuft im Hintergrundvon Alexandra Aigner
Orange, bräunlich, ein helles Braun, aber doch eher bronzefarben mit einem Goldstich, durch das Licht der 40 Watt Glühbirne, die an einem hellen Seil von der Holzdecke hängt und dort mit einer rostigen Metallhalterung befestigt ist. Ein weißer Schimmer und ein verzerrter Blick und dann noch grün, mittelgrün, dunkler als das Gras auf der Wiese hinterm Haus, aber heller als der Fichtenbaum, der neben der Bushaltestelle steht. Und weich, so wie die Kleeblätter, die nicht ganz säuerlich, sondern einfach nach draußen schmecken. Wie du wohl nach dem ersten Glas aussiehst? Wunderschön, mit diesen grünen Augen, die mich in die Welt sehen lassen, in der ich gerne leben würde. So grün, wie das Moos neben einem Wasserfall, das so schön weich und feucht ist.
Glasig, transparent, kleine Körnchen, kaum sichtbar an der 2 Millimeterkante des Glases, nur eine Nuance dunkler als das Grau, das durch die durchsichtige Flüssigkeit von der kalten Fläche strömt, die so wie die Einsamkeit aussieht und auch duftet und auf der sich deine Hände schon so oft abgestützt haben. Wie du wohl nach dem zweiten Glas aussiehst? Bezaubernd, mit diesen roten Lippen, der Lippenstift nicht ganz perfekt, denn da links oben reicht er ein wenig zu weit und das macht dich perfekt. Das Karminrot im direkten Kontrast zu deiner Haut aus Porzellan. Manchmal träume ich dann von dir und von diesen schönen roten Lippen, die mich anlächeln und die ich so gerne küssen möchte.
Blau, wie die Nacht, nur weniger natürlich. Das Grau der Fläche macht das Blau kalt. Es ist ein kaltes Blau. Es ist ein unnahbares Blau. Es ist das Blau, mit dem du dich verabschiedest, denn du konntest dich nie damit anfreunden. Das Licht wirft einen hellen Schein, an manchen Stellen Türkis, an anderen Mintgrün. Alles verschwimmt. Alles im unnahbaren Blau, das sagt, ich soll doch auch gehen. Wie du wohl nach dem dritten Glas aussiehst? Unvergleichbar, mit diesen zum Dutt gebundenen Haaren, so viele davon lose, hängen sie nur wirr. Zerzaust. Das helle Braun mit den dunkleren Strähnen wirkt mit dem Gelb der Glühbirne Golden. Ich sehe sie von hinten, als du durch die Tür gehst. Nimm mich doch mit.
Rot, ist es Blut oder ist es kein Blut oder doch, oder nicht? Sag’s mir, wär’s anders, würd‘ ich mir die Adern aufschneiden, trink dann das. Aussehen tut’s gleich. Hast du dir etwa die Adern aufgeschnitten, oder den Hals? Das Rot sieht im Licht noch viel dunkler aus, durch sieht man nicht. Rot, sonst nichts. Dominanz. Wieso nicht Desinteresse? Weil Rot. Rot, so wie das Blut, das ich im Mund schmecke. Wie du wohl nach dem vierten Glas aussiehst? Ich weiß es nicht.
Ich finde dich dann doch hinterm Schuppen, da war ja was. Fahle Augen, bist du etwa ohne mich in die Welt? Ich habe dir doch hundert Mal gesagt, ich will mit. Und der Lippenstift verschmiert, wen hast du geküsst? Deine Haare sind ja auch offen, obwohl du immer gesagt hast, so gefallen sie dir nicht. Hast du da gelogen? Und jetzt liegst du da einfach zwischen den Mülltonnen und machst es dir bequem. Denkst du denn nicht an mich? Warte, ich bring‘ dir noch was zu trinken, dann reden wir über alles.
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