Kaffee und Kornblumen
Es roch wie immer nach dem alten, knarzenden Parkett in der alten Wiener Altbauwohnung. Der Kaffee aus der blau gestreiften Kaffeemaschine, die bei jedem Espresso, den sie brühte mit lautem Krawall zeternd die schwarze Flüssigkeit von sich gab, stand schon auf dem Wohnzimmertisch bereit. Ich sehe ihn noch heute vor mir: Er stand am Fenster die warme Sonne umarmte ihn sanft mit ihren Strahlen, so als würde sie ihn noch nicht gehen lassen wollen, so als hätte sie sich schwermütig verabschiedet. Er verschmolz mit dem goldenen Licht und er schien so tief in meiner Realität verwurzelt. Ich umarmte ihn wortlos von hinten, und es fühlte sich an, als würde ich pures Leben mit meinen Armen umschließen- ich wollte es für immer bei mir behalten. Alles geschah fast wie in Trance. Ich ging zum Wohnzimmertisch und schlürfte in gemächlichen Zügen meinen bittersüßen Kaffee. Blickte ihn träumerisch an. Stellte die Tasse wieder langsam ab, atmete langsamer ein und noch langsamer aus. Kam dem Tod mit jedem Zug ein Stückchen näher, auch wenn es sich komisch anhören mag. Es ist wie als würden Sie Kuchen essen mit-jedem Bissen wird er weniger-obwohl Sie sich dessen Bewusst sind, genießen sie es. Nur wenn Sie daran denken das er bald von ihrem Teller verschwunden sein wird, schmeckt er nicht mehr so köstlich wie zuvor. Genauso ist es mit dem Gedanken an den Tod. Ich würde gerne wissen, was er in dem Moment gedacht hat, als er an den Kornblumen roch, die auf der Fensterbank blühten, als er seinen letzten Zug Leben nahm. Er beugte sich nach vorne – ich schaute ihm lächelnd-noch immer so schwerelos zu. Doch mit dem Augenblick als seine Füße, die in Patschen standen, versuchten in ihnen vergeblich Halt zu finden, da sie den Kontakt zum Boden verlor. Nun geschah alles in unerträglich gedrosseltem Tempo. Ich sah, wie er fiel: wie erst sein Oberkörper nach vorne kippte und mein Verstand zu langsam war. Dann seine Kapuze sich über seinen Kopf legte und ich noch gemütlich meinen letzten Schluck Kaffee nahm. Schließlich seine Beine gemächlich aus meinem Blickfeld verschwanden. Ein kurzer Schrei! Mit ihm scheint die Zeit zu versuchen die vorherige Trägheit wieder Aufholen zu wollen. Ich stürzte zum Fenster und erwachte als ich ihn blutend am Asphalt liegen sah. Stürzte zu ihm! Während mein Herz zerbarst. Als ich ihm immer näherkomme, plötzlich nicht mehr ihm, sondern dem Tod ins Auge blicke und die Sicht vor meinen Augen verschwimmt. Ich sank zu Boden und hörte meine qualvollen Schreie, die sich in mich hineinbohrten und meine Seele verbrannten. Seit damals rauscht die Zeit an mir vorbei. Er ist fort, was bleibt weilt hier- ein schöner Sarg wird es für mich nie sein wie könnte er, es ist sein Sarg. Wären nur die Kornblumen nicht mit so schnellem Tempo gewachsen. Er ist tot. Ich verabscheue mich dafür das sagen zu müssen den durch mich, durch Sie alle durch dieses Begräbnis wird es zur Wahrheit, mein Leben lang obgleich es schnell oder langsam verstreicht.
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