Kein Ende 2
Kein Ende
Was bleibt, wenn alle Stricke reißen?
Wenn alles sein Ende findet.
Was soll bleiben, wenn es immer ein Ende gibt?
Ergibt dies alles einen Sinn, Zeit aufzuwenden für etwas, was ein Ende hat. Die schönen Momente nehmen ein Ende, die traurigen glücklicherweise auch. Alles ist endlich, nichts unendlich.
Die endlose Endlichkeit
Mag sie auf viele doch so beängstigend wirken, so hat sie, wie ich finde doch etwas Beruhigendes an sich.
Der Gedanke, dass in 200 Jahren nichts mehr von mir übrig sein wird und all meine Taten vergessen sind, befreit mich irgendwie. Befreit mich von Schuld, weil nur die Zeit all deine Sünden verzeiht.
Der Stolz und der Ruhm, unsere ganze Existenz, die wir uns über die Jahre unseres Lebens aufbauen, wird vom einen, zum anderen Moment zu Schutt und Asche. Nichts bleibt über, die Wiedergutmachungen, die etlichen Abende mit Freunde und Familie, die wir doch so genießen, finden ihren Platz nun nicht in der Ewigkeit, all das kommt zu einem bitteren Ende.
Wir vergessen, so viel, so oft und so endgültig. Die meiste Zeit unseres Lebens findet ihr Ende in der Vergessenheit. Das Einzige, was uns bleibt, so kurz vor dem Ende, sind ein paar Namen, von Menschen, die wir glauben zu kennen und eine Hand voll Erinnerungen.
Wer würde sich nicht wünschen, den Schmerz vom ersten tiefen Schnitt zu vergessen, oder die Melodie von eurem Lied?
Wir sehnen uns doch geradezu nach Vergessen und suchen danach in leeren Nächten mit vollen Gläsern.
Wir wollen die Namen all jener vergessen, die uns so weh getan haben. Wir wollen vergessen, wie oft uns das Leben hinfallen hat lassen und wie wenig wir oft dafürkonnten. Wir wollen vergessen, was wir alles getan haben, den ganzen Schmerz, für den wir verantwortlich sind und manchmal, da wollen wir uns auch selbst vergessen.
Alles kommt zu einem Ende, nur das, was nach einem Ende verlangt, findet kein Ende.
Das Ende als ständiger Begleiter, doch was würden wir tun, wenn dies alles kein Ende hätte? Keine zweiten Chancen, keine Möglichkeiten mehr die Sünden gut zu machen, die wir doch so sehr zu vergessen versuchten. Denn irgendwann sind alle zweiten Chancen verbraucht, alle Möglichkeiten ausgelotet und unser Wunsch nach keinem Ende erloschen.
Man lebt nur einmal
und das sollte auch reichen.
Ich weiß, oft denken wir unsere Zeit hier hat kein Ende, doch das ist falsch
und was noch viel schlimmer ist, keiner weiß, wo dieses Ende wartet, ob in 70 Jahren auf dem Sterbebett oder übermorgen in einem Autowrack.
Das Leben zieht an uns so furchtbar schnell vorbei und wir sehen uns gezwungen es auszukosten, bis aufs Letzte.
Vielleicht brauchen wir die stetige Erinnerung, dass die Zeit, die uns bleibt, sehr wohl ein Ende hat und dass wir ein Leben haben, auf das wir zurückschauen müssen, wenn der letzte Vorhang fällt.
Alle Stricke reißen.
Wir gehen in die Ewigkeit, in der unsere Gesichter mit der Zeit verblassen und in Vergessenheit geraten.
Was bleibt, wenn alle Stricke reißen?
Wenn alles sein Ende findet.
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