Kerngezanke
Die Sehnsuchtsspanne im Spektrum nach Sommer trägt unter dem Tisch Kirschteller mit Kernrändern. Die kullernde Kreisform als Nebenprodukt von ausgebissenen Zähnen und Verschlucken. In roten Mantel umwunden, verhüllt, geschwunden, versteckt: Kern neben Kern neben Kern neben Kern. Die Zeremonie der Sommertage in Etage 3, wo in Büchsen gestapelt unter dem Tisch tagsüber tagelange Tagesrationen von gekernten Oliven und Datteln und Marillen hausen. Das Kerngezanke startet mit dem Sommer und endet mit der Unaufhörlichkeit der Pflaumen, Melonen und Weintrauben. Für Erfrischungsgenießer und Sonnenlichtschlucker die Dämpfung vor der Feierabendfriedlichkeit.
In Etage 2 die Entlassung ins Freiland, wo vorfreudehaltiges Verlangen Zick Zack springt. Das Begehren lässt sich an der Fersensehne ablesen, und darunter oft ein Kern, auf den man tritt. Tritte in getrennter Vertretung, denn es gibt mehr Kerne als Stechtiere, Grüße an die Bienen.
In Etage 1 balkonierende Eleganzanzüge und Seidenhemdbeschönigungen in Windwehen und neben Klagewehen, wenn in der Abendsommerluft Nicht-Kernbefreites genossen wird. Erledigungen auf Wäscheständern mit Füßen am Tisch, wo geflissentlich die aus Fruchtgehalt drohende Gefahr übergangen in den Mund gegangen wird. Verklebtes Fingerspitzengefühl beim In-die-Hand-Spucken, Auf-den-Kirschteller-mit-Kernrändern-Rollen und erneutes In-den-Mund-Stecken.
Erdgeschosstypisches Rumoren der Waschmaschine, aufzugfahrende Früchte in Büchsen. Unter dem Tisch in Etage 3 Windstille, es hat sich ausgekernt. Im Erdgeschoss ein stilles Fragezeichen und der Bauch rumort im Rhythmus der Waschmaschine. Büchse auf, Frucht raus, Zahn drauf, Zahn draus. Sofortige Entlassung zur Tür hinaus: Das Schöne im Leben ist die ungekernte Frucht, ungebetene Gäste in gestenreicher Ignoranz, geh bitte- Gekerntes wird hier nicht gewollt.
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