Kleine Schnecke
Die Nacht ist alt geworden, altbekannt, ich habe sie schon mal gesehen, genauso, die Nacht. Ich fahre durch, dottergelbe Laternen bis zur Brücke, da kommt sie, Die Nacht, da steckt der große Wagen, hält sie fest, falls der Luftzug zerrt. Sie ist groß, in die Länge gezogen. Ich zeige ihr meinen Hals, ergebe mich, meine Jacke wie Fell um die Ohren, das Licht nebelt zögerlich aus meinem Dynamo über das Brückengeländer, traut sich nicht ganz, hier ist es zu kalt, hier kommt es nicht weit, es friert in dieser Nacht, die ganz flach ist und weit oben aufgespannt. Viel Platz für Wind.
Mein Nachtkasterl ist ein Schlachtfeld und ich schicke immer neue Soldaten nach, schniefe, puste meine Krankheit ins Papier, ins Zimmer, ich stelle mir vor, wie mein Körper sich selbst erstickt, er spürt den Herbst. Er blockt ihn ab, macht zu, in mir verwildert der Sommer, durch den Mund kommt er herein, der Herbst, ganz ungebeten. Ich huste die letzten Sonnenstrahlen aus, die Knäuel stapeln sich. Ich schlürfe, schlafe, schaue, schnupfe, ich ersticke am Herbst. Ein weiterer Gefallener segelt zwischen die anderen, es klopft, du hast Taschentücher dabei und ein Buch und eine Caprisonne, Multivitamin. Du hast Taschentücher dabei und den Sommer.
Alea iacta est, zweimal rot, du rückst vor. Du hast bald gewonnen. Wir spielen seit drei Minuten, wir kommen langsam rein, wussten beide nicht, wie man spielt. Haben es vergessen, irgendwo nach dem Kindergarten. Youtube tröstet uns mit einem Tutorial, da sitzt ein Kind mit einer Frisur wie aus einem Kinderbuch, Stirnfransen, die schräg abstehen, Wasserstoffblond, naturally. Du würfelst, gewinnst, sagst nichts, Puckerl im Video hat sich noch gefreut, die Apfelbacken ganz paus, Fäuste in die Luft, wir setzen die Holzschnecken wieder auf Startposition, da gräbt sich doch ein kleines Grinsen in dein Gesicht. Danach haben wir gewürfelt, denke ich.
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