Komm Schneller!
„Komm schneller“ – war der letzte Satz den ich von dir hörte.
Du sagtest zu mir „komm schneller“, da wir unseren Bus erwischen wollten. Ich wollte
nicht. Doch du warst nicht aufzuhalten. Du liefst unachtsam und hektisch über die
Straße.
Und dann.
Krach.
Du hattest nicht über die Straße geschaut und wurdest von einem Auto mitgerissen. Da
lagst du. In einer Blutlache direkt vor mir. Du hattest dich keinen Zentimeter gerührt.
Dein Genick war gebrochen. Du warst tot.
Du wolltest schneller sein. Doch zu welchem Preis?
Nun stehe ich an deinem Grab zwei Wochen später.
Deine letzten Wörter wiederholen sich ständig in meinem Kopf. Was wäre, wenn du
einfach geschaut hättest. Was wäre, wenn kein Auto gefahren wäre. Was wäre, …wenn
du nicht schneller gewesen wärst.
Drei Monate später.
Ich lerne langsam ohne dich zu leben. Doch wollte ich das jemals?
Nun ist es zehn Jahre her seitdem ich dich verloren habe. Ich denke jeden Tag an dich.
Ich hole meinen Sohn vom Kindergarten ab. Er hat heute Geburtstag. 14. Februar um
genau zu sein. Er ähnelt dir sehr. Stur, nett und voller Humor.
Er sagt zu mir „Komm Mama schneller!“.
Die Wörter wecken etwas in mir. Dann sehe ich meinen Sohn auf die Straße zu rennen.
Dort vorne stand ein Freund von ihm. Ich sage „Stopp bleib stehen!“
Doch es war zu spät.
Krach.
Ein Bus hat ihn mitgerissen.
Derselbe Bus zu welchem du vor zehn Jahren gesprintet bist. Nun lag er da.
Mein eigener Sohn.
In einer Blutlache mit offenem Schädel.
Ich habe die zwei wichtigsten Menschen in meinen Leben verloren.
Doch zu welchem Preis?
Ein Jahr später.
Seit dem Unfall sitze ich in Therapie mit der Diagnose PTBS.
Es wird nicht besser. Ich vermisse dich jeden Tag.
Ich halte das nicht mehr aus. (…Schneller, Schneller Schneller…)
Krach.
Nun liege ich auf der Straße. Blutüberströmt.
Überfahren vom selben Bus den du nicht gesehen hattest.
Leise höre ich die Sirenen ertönen.
Doch es war schon zu spät.
14. Februar. Mein Sterbedatum.
Dieses Mal war auch ich zu schnell.
Nun kann ich mein Leben mit euch in Ruhe im Himmel leben.
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