Lauf nicht weg!
Ich laufe. Meine Augen brennen, Beine schmerzen und in meinem Kopf pocht es wie verrückt. Das Einzige, was ich höre, ist mein schnelles Atmen, der Regen, welcher wie aus Kübeln auf die Straße prasselt und mein Herz, das so schnell pocht, wie noch nie. Doch am lautesten aber sind meine Gedanken, die einfach nicht verschwinden wollen. Ich fühle mich schuldig, obwohl ich nichts getan habe. Denn ich hätte es verhindern können. Ich hätte verhindern können, dass es allen Menschen, die mir wichtig sind, schlecht geht, wäre ich da gewesen, als es passiert ist. Gäbe es doch nur eine andere Möglichkeit, als wegzurennen. Aber die gibt es nicht. Ich habe alles versucht. Stopp! Ich darf mich nicht ablenken lassen! Ich muss weiterlaufen, sonst holt es mich ein! Mein Hals tut höllisch weh, da ich die ganze Zeit diese eisig kalte Luft einatme und meine Beine spüre ich kaum noch. Es fühlt sich an, als würden sie sich von selbst fortbewegen und ich kann sie nicht aufhalten. Ich will sie nicht aufhalten. Doch auf einmal höre ich etwas hinter mir. Ich schaue mich um, aber da ist nichts. Nichts außer dem immer kleiner werdenden Dorf, das ich verlassen habe. Dennoch verfolgt mich das Geräusch. Ich laufe schneller, während ich die ganze Zeit über meine Schulter starre. Von Gasse zu Gasse renne ich, ohne zu schauen, wohin ich mich begebe und plötzlich gibt es einen lauten Krach. Unklar darüber, was gerade passiert ist, falle ich zu Boden. Ich kann mich nicht bewegen. Ganz steif liege ich da. Ich schaffe es nur noch, meine Augen zu steuern. Panisch blicke ich umher. Da sehe ich endlich die Sackgasse; die Steinmauer, in die ich hineingelaufen sein muss. Das Geräusch, welches mich verfolgt, wird immer lauter und ich bekomme es mit der Angst zu tun. Mein Herz rast. Ich bin noch immer außer Puste, das erklärt mein ungünstigerweise etwas zu lautes Atmen. Es hat mich gefunden. Das Geräusch ist mittlerweile nur noch einen Meter entfernt und plötzlich sehe ich es. „Steh auf und laufe weiter!“, befehle ich mir. Doch ich rege mich nicht einmal einen Millimeter. Dann fallen meine Augen wie automatisch zu. Mein letzter Gedanke war: Ich will zurück. Zurück dahin, wo meine Flucht gestartet hat, um doch umzukehren und alles auf mich zukommen zu lassen. Es einfach über mich ergehen zu lassen. Das wäre die schlauere Idee gewesen. Doch nun ist es zu spät…
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:




















Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX