Lisa ist schön
Lisa ist schön,
hört sie die neidenden Mädchen murmeln, während sie mit leuchtend rotem Lippenstift in Szene gesetzten vollen Lippen, eleganten kleinen Schritten, mit Schuhen in denen sie jederzeit könnte nach vorne kippen, ein kurzes Sommerkleid gezogen über ihre fragilen, herausragenden Rippen und grazilen, endlosen Beinen rhythmisch den Korridor entlang läuft.
In einer Welt voller Schönheiten, lässt sie sich von Essstörungen und einer verzehrten Selbstwahrnehmung, überschminkt von 15 verschiedenen Produkten stets begleiten.
Nach außen möchte sie perfekt sein, geformt von dem Umfeld, wie ein lebloser Klumpen Lehm, mit haut aus feinstem Porzelan und einem Lächeln gemeißelt wie in Stein, scheint ihr dass zu gelingen, denn ein jeder Junge, der sie kennt, würde gerne eine Nacht mit ihr verbringen.
Wird von diesen auch oft mit einer glatten 10 beschrieben, der Eine oder Andere schafft es sogar sich in ihren Ausschnitt zu verlieben.
Wie es enden wird wusste sie doch schon im Vorhinein,
waren sanfte Berührungen und gierige Blicke nicht das was sie wollte?
Redete sie sich nicht etwa ein,
ihre Chancen darauf wären wie beim Lotto, weniger als gering, also viel zu klein?
Es war doch das was sie vom Häuslichen Alltag ablenken, vielleicht gar glücklich machen sollte.
Franz, Lisas Vater, sitzt nun schon seit Stunden, im locker geschnürten Bademantel und in den, von vor 3 Jahren verstobenen Hund zerkauten Sandalen, auf der Toilette und liest in der Zeitung über die Ergebnisse der kürzlichen Wahlen.
Lisas Mutter wartet geduldig, langsam ungeduldig werdend, auf ihren Mann, welchen sie eigentlich seit Jahren nicht mehr ertragen kann.
Sie braucht sein Geld, sie will schließlich schön sein, dabei wird ihre Haut nicht nur glatt sondern auch so hart wie Stein, aber Ausdruck braucht sie ja nicht, die laute Stimme hat sie zum Verlangen, und über Zärtlichkeiten braucht sie nicht zu bangen, er liebt sie nämlich tatsächlich, wie an dem Tag, als er sie zum ersten mal sah.
Das war der Anfang einer Liebesgeschichte, die Frau, die den Mann verführte, der sie sofort zur Königin seines Herzens kürte, was schließlich zur Gründung einer Familie führte.
Doch aus Lachen wurde Weinen, aus dem Reden wurde Schreien und aus Nähe wurde Distanz und Distanz führte zu Schmerz und wo Schmerz ist, ist zumindest ein gebrochenes Herz.
Mit Tränen in den Augen wollte Lisa das Gehörte nicht glauben, suchte die Schuld und fand sie schließlich bei sich, hörte den Vater, aber ich liebe dich sagen, doch die Mutter hat einen anderen und will Vater zu hören nicht einmal wagen.
Nun platzt Lisa hinein, für ihre aufgestauten Gefühle war ihr Körper längst schon viel zu klein.
Wie ein Damm der langsam bricht, hielt zurück ein ganzes Meer.
Sinkt im über sie gefluteten Wasser.
Blase um Blase langsam aber sicher wird ihre Lunge leer.
Sie fragt tränenüberströmt : Können wir uns noch lieben wie die anderen es tun, oder findet hier nur mehr Krieg zwischen uns statt?
Dabei beantwortete sie sich die Frage bereits, als sie diese geäußert hat.
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