Luftig Warm
Sie spürte es - das Pochen an ihrem Hals. Ihr Puls flatterte, wie die zarten Flügel eines Vogelkükens, wenn es seinen ersten Flug antritt - nervös, jedoch gespannt.
Die Sonne schien. Das wusste sie noch. Ihr ganzer Körper war warm. Bis auf ihre Füße - die standen nackt und ohne Schutz im feuchten Gras. Sie waren nicht das einzige schutzlose - ihr Herz.
Es hatte in der Früh geregnet. Das wusste sie noch. Ihr Herz war nass und schwer gewesen. Und dann kam die Sonne - und es wurde luftig warm. Die Sonne stand vor ihr. Sie lächelte sie an. Sie berührte ihr Herz, und die Sonne spürte, wie das noch feuchte Herz luftig warm wurde, und hüpfte. Es hüpfte, wie die letzten Regentropfen, die nach dem Regen sich ihren Weg suchen, über Blätter und Gräser und zart und zerbrechlich, mit einem in dieser Stille grotesken PLOPP auf den Boden fallen. Sie hatten Hoffnung, sie waren furchtlos.
Ihr Herz war immer noch im Griff der Sonne. Diese Liebkosung ließ es vibrieren. Es war ein Gefühl von Leben, sie fühlte sich luftig warm. Sie fühlte, wie ihre Halsschlagader ab- und wieder anschwoll - ab, an, ab, an.
Es war ihr, als sehe sie die Sonne zum ersten Mal. Noch nie ward sie ihr so intensiv. Doch die Sonne verbrannte nicht, sie trocknete nicht aus, sie fügte niemandem ein Leid zu - sie war luftig warm.
Der Regentropfen war immer noch auf seinem anschmiegsamen Weg über Blätter und Gräser zum Boden. Er fürchtete die Sonne nicht. Tatsächlich genoss er sie sogar - war sie für ihn doch nicht das Ende. Nein. Sie war Hoffnung. Hoffnung auf etwas Unbekanntes, das luftig warm war. Die Erde, sie würde den Regentropfen aufnehmen. Sie ist die Brutstätte zu etwas, was sich der Regentropfen noch nicht vorstellen kann.
Die Sonne hielt immer noch ihr Herz. Der Regentropfen kam am Boden an - er war luftig warm.
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