MARSIANER
Unruhige Schritte, auf und ab.
Immer wieder von Neuem geht der Mann im weißen Anzug vor der Tür hin und her.
Schweißperlen stehen auf seiner Stirn.
Noch so gut kann er sich an seine eigenen Eltern erinnern.
Wie sie miteinander gelacht haben.
Wie sie ihn durch den Kindergarten bis hin zum Doktorrat an der Uni begleitet hatten.
Wie sie mit stolzem Lächeln vor Jahren endgültig von ihm, ihren einzigen Sohn, Abschied genommen hatten.
Jetzt steht er hier, selbst ein werdender Vater.
Auf der anderen Seite der Türe liegt eine Frau, umringt von Ärzten. Nun dauert die Geburt bereits sechsundzwanzig Stunden, und in keiner einzigen durfte ihr Mann zu ihr. Vorsichtsmaßnahmen. So sind die Vorschriften des Konzils.
Was würde sie in diesem Moment für einen ermutigenden Kuss auf die Stirn alles geben. Doch es geht nicht. Nicht hier, wo sie unter wachenden Augen, jenen wachenden Augen der gesamten Menschheit, ein wahrhaftes Wunder vollbringen soll. Gleich sei es da, heißt es immer wieder. Durchhalten, sagen sie.
Früher oder später wird ihr Kind von ihr getrennt werden. Doch so muss es sein. Denn als sie sich auf diese Reise begab, war sie sich dieser Bedingungen bewusst. Trotzdem scheint es unfair. Verlieben, heiraten, Eltern werden. Alles ist hier ein bisschen anders. Vielleicht sogar ein bisschen magisch.
Der Schmerz versetzt sie beinahe in Ohnmacht, hätte ihr der Arzt zuvor kein Mittel verabreicht. Mit zusammengebissenen Zähnen beginnen die letzten paar Minuten der Wehen. Immer wieder wird ihr gut zugeredet. Wie toll sie das macht. Alles wird gut. Um Nichts muss sie sich Sorgen machen, sie ist in besten Händen.
Es scheint fast so, als wäre sie in einem ganz normalen Krankenhaus, an einem ganz normalen Ort. Im Gegenteil. Sie ist weit weg von all dem was sie ihr ursprüngliches Zuhause nennen kann.
Der letzte schmerzverzogene Atemzug.
Die ersten Schreie durchhallen den Raum.
Erleichterte Seufzer der Ärzte.
Freudentränen der Mutter.
Alles scheint zugleich zu passieren.
Behutsam nimmt eine der Ärztinnen das Neugeborene auf den Arm und legte es der Mutter auf die Brust.
Wie soll er heißen?
Alle Augen richten sich erwartungsvoll auf die erschöpfte Frau.
Ares, soll sein Name sein.
Seine Haare so leuchtend rot wie der Planet, auf dem er geboren wurde.
Er scheint zu lächeln.
Dieses Kind ist der Auftakt einer neuen Ära.
Der erste Marsianer.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX