Mein Augenblick
Manchmal ist es ein Augenblick, der alles verändert. Ein Herzschlag, ein Atemzug, eine kurze
unerwartete Berührung.
Für mich ist ein schöner Augenblick wie das Abdrücken auf einer Kamera. Ein kurzes
Aufflackern, zu schnell vorbei, um alles richtig wahrzunehmen aber gleichzeitig auch zu lang,
um es einfach zu ignorieren. Ab dem Moment, ab dem jemand auf den Auslöser drückt, geht
alles ganz schnell. Ein kurzes zu helles, unangenehmes Licht, welches in den Augen weh tut.
Manchmal verschließe ich schnell meine Augen, um es nicht mit ansehen zu müssen, doch
manchmal wird mein Lächeln umso breiter.
Allerdings sehe ich, wenn ich in die Kamera schaue, nicht nur ein helles Licht, sondern höre
auch ein Klick.
Das erste Mal meinen kleinen Bruder im Arm tragen. Klick.
Das erste Mal im Meer schwimmen. Klick.
Das erste Mal kleine Schneeflocken in meinem Gesicht spüren. Klick.
Das erste Mal die ersten Töne von meinem Lieblingslied hören. Klick.
Das erste Mal ein etwas zu langer Blick von dir und schon habe ich mich in deinen Augen
verloren. Klick.
Es gibt diese Augenblicke im Leben, in denen alles still zu stehen scheint. Sekunden, die sich
wie eine Ewigkeit anfühlen, weil sie etwas in mir auslösen, dass ich nicht in Worte fassen kann.
Es sind Momente, in denen mein Herz plötzlich schwer wird oder meine Brust sich mit Wärme
füllt, die mir fast den Atem nimmt. Es ist eine kleine Erinnerung, die mir zeigt, dass es genau
dieser Augenblick ist, der zählt – nicht das Gestern, nicht das Morgen, sondern das Jetzt.
Doch Augenblicke bereiten nicht nur Freude. Die meisten bereiten Angst und Schmerz. Angst vor
kleinen Veränderungen. Angst vorm nächsten oder vielleicht doch vorm ersten Schritt? Angst vor
dem kleinen Moment der plötzlich so groß und bedeutungsvoll werden könnte.
In Augenblicken liegt all das, was Worte nicht aussagen können- es spiegelt sich die Schönheit
eines anderen und die Sehnsucht nach etwas längst vergangen wider.
Doch irgendwie ist diese Angst berechtigt. Ein kleiner Augenblick kann alles so schnell
verändern.
Eine Entscheidung.
Ein Missverständnis.
Ein falsch gedeutet Blick.
All das ist verbunden mit Schmerzen tief in meinem Inneren, denn Augenblicke können in so
vielen Arten auftreten und so leicht missverstanden werden. In einem Bild, in einem Satz, in
einem Wort, in einem Blick oder in einer Geste.
Doch was ich glaube, was die schlimmsten Augenblicke sind, sind die, die man nicht festhalten
kann. So sehr ich es mir auch wünsche sie gleiten mir durch die Finger wie Sand und doch bleibt
ihre Bedeutung tief in mir verankert.
Am Ende sind es nicht die Jahre die mein Leben beeinflussen, nicht die kleinen Zahlen und
Buchstaben auf meinem Handy oder die gespeicherten Fotos auf meinem Laptop, sondern die
Augenblicke, die sich ein Leben lang in meinem Kopf festkrallen werden.
Niemand weiß, wann der nächste besondere Moment auf mich oder dich wartet. Und vielleicht
ist, dass das schönste an Augenblicken: Sie sind unvorhersehbar.
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