Mein Drogenende
Ich lag am Boden, meine Hände zitterten. Mein Herz pumpte sonst nur so, wenn ich vor der nächsten Nachprüfung stand. Einzelne Herzstoße erleichterten mir meine Ruhe zu bewahren kaum. Fest drückte ich meinen Schal auf meine Brust, in Hoffnung diesen Tag zu überleben. Naja wäre auch egal gewesen, wenn nicht. Im nächsten Moment wachte ich völlig energetisch auf. Mit einem riesigen Grinser steuerte ich das Festnetz an. 133. Nein, ich brauchte die Nummer der Rettung. 122, mir fiel es wieder ein. Oder nicht? Verwirrt tippte ich auf die sich komisch bewegenden, bunten Zahlen, wählte eine mir im Unterbewusstsein bekannte Nummer und fiel dramatisch auf den kalten Küchenboden. Eine Hand zuckte im Katzenfutter herum und die andere riss das Telefon mit sich. Der Brechreiz überkam mich und ich spuckte Blut vor und auf mich. Den Telefonhörer sanft zum Ohr bewegend merkte ich wie alles in mir drinnen umstürzte, wie ein schiefer Wolkenkratzer. Ich solle sofort den Notruf wählen, schrie mich eine sehr familiäre Stimme an. Sie meinte, sie lässt mich bestimmt nicht gehen und ich solle jetzt auf einmal liegen bleiben, sie regle das schon. Lachend erinnerte ich mich an die zitternde Stimme, Lucy sprach mit mir, meine frühere Schulfreundin. Mit dem langen Kabel krabbelte ich auf meinen schmerzenden Knien in das nächste Zimmer.
Plötzlich überhörte ich ihr Gelaber, eine fremde Stimme erhaschte ich auf einmal. Kleine, rot gekleidete Männchen rannten in das Zimmer, das ich als mein eigenes identifizierte. Musste wohl an den „The Walking Dead“-Postern liegen. Von einer Sekunde auf die andere lag ich auf einem langen, weißen Ding, das sie immer in den Doktorsendungen zeigten. Verärgert schlug ich um mich, die wollten mich entführen oder ähnliches. Mein Gegenüber hatte rote Streifen in seinem Gesicht, wer den Burschen wohl zerkratzt hat. Rasch trugen sie mich die Stiege hinunter, ich erinnerte mich an die Zeit mit Lucy, als wir immer dicke Matratzen auf die Stufen gelegt haben und dann runtergerutscht sind. Lucy. Wo war sie eigentlich hin? Gerade führte ich noch eine tolle Unterhaltung mit dem Mädchen. In einer flüssigen Bewegung schob ich mich auf die weiche Federmatratze auf der Treppe, aber die wurde wohl gegen einen dünnen Teppich ersetzt. Meine Nase erinnerte mich nun an den kleinen Bach, an dem ich mit Heroin begann. Einen roten Bach habe ich aber noch nie gesehen. Die Männchen nahmen mich wieder und kümmerten sich um mich, als wäre ich ein handlungsunfähiges Baby. Wieso sprach den keiner mit mir? Meine verzweifelten Schreie schienen keinen zu erreichen.
Weiße Bettwäsche in einem weißen Raum und so ein eigenartiges, durchsichtiges Fläschchen hing an mir, mit einem blöden Schlauch verbunden, den ich ohne zu zögern abriss. Mein Rucksack stand auf dem Hocker gegenüber. Kurzerhand beschloss ich mir eine Nase zu gönnen. Gleich danach öffnete ich die Tür und stürzte nieder.
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