Meine Monster unterm Bett
Mein Kopf taucht in das Kissen, ich kann die Federn knistern hören.
Dieser Körper fühlt sich schwer an, er versinkt in der Matratze wie in Sand.
Es ist so dunkel und kaum vorstellbar, dass es jemals Licht gegeben hat.
Meine Augenlider fallen zu, schließen sich wie kleine Türen, die mich von der Realität trennen.
Brustkorb hebt sich, Sauerstoff, Ausatmen.
In meinem Körper fließt Honig, der meine Lungen verklebt.
Atmen, atmen, ich muss atmen – ich muss mich daran erinnern.
In meinem Kopf macht dunkle Tinte alles trüb. Nebel.
Leise kann ich sie flüstern hören. Ihre Stimmen klingen wie das Knistern der Federn im Kissen. Kratzige Worte aus trockenen Hälsen.
Während ich in der Dunkelheit warte, kommen meine Monster unterm Bett hervor. Sie kriechen aus alten Erinnerungen in die Gegenwart.
Ihre Schatten sind hässlich und hauchdünn. Ihre alten Augen huschen. Huschen und suchen.
Mit kleinen scharfen Zähnen schneiden sie mich aus der Wirklichkeit heraus.
Ihre Krallen bohren sich in meine Haut. So lange und so tief, bis das Blut irgendwann anfängt zu fließen.
Leise rinnt es in ihre hungrigen Mäuler, ihr gieriger Atem prickelt auf meiner Haut.
Ihre warmen Hände legen sich um meinen Hals.
Spitze Stimmen an meinen Ohren, alles in mir so schutzlos und wund gekratzt, gedacht.
Ihre langen Körper winden sich um mich, immer enger, immer enger.
Lasst mich doch bitte schlafen. Nur diese eine Nacht.
Sie sprechen diese Worte aus. Sie erzählen die Geschichte, als wäre es ein Märchen für kleine Kinder. Die Erinnerung von einem kleinen Kind ist nichts für kleine Kinder.
Lauwarme Tränen rinnen über mein Gesicht, wie Abzweigungen von einem endlosen dunklen Meer. Atmen.
Meine Monster werden lauter. Sie wachsen, ihre Hände greifen gierig.
Ich kann sie überall spüren, sie berühren mich. Ihre Krallen verheddern sich in meinem Schlafanzug. Erinnerung.
Lautes Pochen in meinen Ohren, als würde jemand an meine Trommelfelle klopfen.
Klopf-poch-klopf.
Meine Haare sind schweißnass und meine Handflächen kalt.
Die Luft in meinem Zimmer ist stickig. Sauerstoff, ich brauche Sauerstoff. Atmen.
Wie dichte Nebelschwaden legen sich die Monster um meine Ohren. Dumpfes Pochen.
Dumpfe Schritte auf glänzendem Parkettboden. Schwere Schritte. Große Hände, kleines Kind.
Klopf-poch-dumpf. Schreien. Stille.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist. Ich spüre nicht, dass meine Zunge blutet – ich schmecke es.
Brustkorb hebt sich, Sauerstoff, Ausatmen.
Wie eine kühlende Flüssigkeit breitet sich die Taubheit aus, bis jedes letzte Stück von mir ihr gehört. Endlich.
Sachte streicht sie mit ihren klammen Fingerspitzen über meine Augenlider.
Zärtlich nimmt sie meine Monster in den Arm und wiegt sie vorsichtig hin und her, als wären es ihre eigenen Kinder. Es tut nicht mehr weh.
Alles an mir zittert, es hört nicht auf. Aber es tut nicht mehr weh.
Ich öffne meine Augen und sehe nichts als Dunkel.
Ruhe kehrt ein wie ein lang ersehnter Gast.
Ich kann atmen.
Und Monster werden wieder zu Gedanken.
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