Meine zwei Parasiten
Wir funktionieren nicht.
Nicht gemeinsam und nicht alleine. Sobald einer unserer Namen darauf steht, weiß man, es ist defekt.
Auf ihrem Arm ist ein Zeck. Das Gras ist hoch und die Viecher verstecken sich auf jedem Halm.
Ich schau ihm zu, wie er ein bisschen hin und her krabbelt. Den Arm auf und ab, den ich so oft berührt habe.
Als er eine gute Stelle gefunden hat, bleibt er stehen.
Ich stelle mir vor, ich könnte sehen, wie seine Zähne oder Beißer oder wie auch immer sie heißen, sich in ihre Haut graben und wie sie beginnen, ihr Blut zu stehlen.
Aber alles, was ich wirklich sehe, ist ein schwarzer Fleck auf ihrer Haut.
Ich weiß, dass sie krank werden könnte, wenn sie den Parasiten nicht entfernt. Ich sag ihr aber nichts, denn ich will sehen, wie etwas sie aussaugt. Genauso wie sie es bei mir schon immer gemacht hat.
Ich bin nicht freiwillig mit ihr mitgegangen. Sie hat jemanden gebraucht, um nicht zu sterben und ich war die erst beste Person, die sie bekommen konnte.
Warum meine Nummer noch immer ganz oben in ihren Kontakten ist, konnte sie mir nicht erklären.
Immer wieder fallen wir in unsere alten Gewohnheiten zurück. Es ist einfacher, als sich loszureißen. Man kennt es und es ist angenehm.
Und all das, was man am besten lassen sollte, macht man am liebsten.
Es wäre am besten sie in Ruhe zu lassen. Um mit mir selbst abzuschließen und um weiter zugehen.
Aus welchem Grund es mir wohl nicht gelingt?
„Du hast ein Blatt im Haar.“ Sie sagt nichts und schaut nicht auf. Zum Glück. Es ist nichts in ihren Haaren, ich will sie einfach mal wieder spüren.
Während sie sich auf die Straße konzentrierte, durfte ich sie früher nie berühren. Jetzt lässt sie mich meine Hand auf ihren Oberschenkel legen und mein Herz in ihre Hand.
Sie kann besser Auto fahren als ich.
Ob das in diesem Moment etwas Gutes ist oder nicht, hatte ich mich noch nicht entschieden.
Ich hätte gerne einen Baum auf der Straße. Es ist einfacher genau gerade aus auf ihn zuzufahren, als das Lenkrad bewegen zu müssen.
Der Zeck ist voll mit ihrem Blut. Er ist prall mit ihrem gestohlenen Blut gefüllt.
Ich wundere mich, wie er sich anfühlen würde. Auf meiner Haut, unter meiner Haut, in meiner Haut.
Die Neugier nimmt mich in den Griff und ich kuschle mich an ihre Seite, sodass mein Gesicht auf der Höhe des Zecks ist.
Als er meine Wange berührt, fühlt er sich an, als ob er gleich platzen würde. Kurz spiele ich mit dem Gedanken, ihn zwischen zwei meiner Finger zu nehmen und zu zerdrücken.
Dabei zuzusehen, wie ihr eigenes Blut auf ihre Haut spritzt, ohne dass sie sich wirklich verletzt hat.
Doch das Auto bleibt stehen und sie bittet mich auszusteigen.
Ich will meine zwei Parasiten nicht alleine lassen, also lasse ich nicht los.
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