Morgen, Übermorgen, Gestern
Kind, Jugend und dann irgendwann wieder Kind. Ein Ding in der Zukunft aus der Vergangenheit macht einen wieder zu einem Kind. Vielleicht Das Buch, das du damals gelesen hat, die Süßligkeiten, die du gegessen hast oder das Parfüm, das du immer bei der Oma gerochen hast.
Die Frage, was man nach der Schule machen will, ob das funktioniert, wie man sich das ausgedacht hat oder ob man es dann nicht mehr will. Was in zwanzig Jahren ist, wie es in der Politik weitergeht, usw. Manchmal hilft es sich an Experten zu wenden, manchmal muss man aber dem Zauber der Zukunft einfach vertrauen. Einfach nur genießen und Spaß haben wie ein kleines Kind in der Pfütze.
Luisa wuchs behütet bei ihren Eltern auf spielte wie ein glückliches und zufriedenes Kind und hatte alles, was man als Kind braucht. Sie wurde eingeschult, fand Freunde, zerstritt sich, kam ins Gymnasium, hatte Zweifel, lernte neue Leute kennen und begann ihr eigenes Leben zu leben. Mit der Zeit nahm der Stress zu und sie stand unter Druck immer bessere Leistungen zu erbringen. Sie stand morgens auf, ging zur Arbeit, setzte sich an ihren Schreibtisch und arbeitete Fall für Fall ab. Sie war Juristin und setzte sich tagtäglich mit einem bestimmten Fall auseinander und musste herausfinden, ob der Mandant Recht oder Unrecht hatte. Es ging nicht darum, ob es moralisch oder ethisch vertretbar war. Sie überlegte sich nach einigen Jahren nicht mehr, wie sie selbst als Mensch dazu stand.
Am Abend ging sie erst spät nach Hause und es blieb wenig Zeit für die Sachen, die sie wirklich gerne mochte.
Als sie an einem Freitagabend um 21: 35 Uhr nach Hause kam und ihre Mutter ihr eine Kiste alter Bücher aus ihrem ehemaligen Kinderzimmer vor die Tür gestellt hat, die ihre Mutter wegwerfen wollte und Luisa diese durchschaute und auf ein Fotoalbum stieß und dies Seite für Seite durchblätterte und sich bei jedem neuem Bild neu gefreut hat, kam sie plötzlich auf die Idee ihre alte Schulfreundin, mit der sie alles geteilt hat, anzurufen. Die beiden trafen sich am Samstagmorgen und gingen zur gleichen Bäckerei wie vor 30 Jahren und aßen die gleiche Apfeltasche wie damals und verbrachten einfach nur einen schönen Tag, indem sie genau das taten, das sie auch in ihrer Schulzeit gemacht hatten. Die beiden erfreuten sich an blühenden Kirschbäumen, lachenden Kindern und allem anderen, woran man sich so erfreuen kann.
Erst als Luisa wieder zu Hause war, realisierte sie, was sie alles in den letzten Jahren an Lebensfreude verpasst hat, nur weil sie Karriere machen wollte und dass sie jeden einzelnen Tag das gleiche Schema abgearbeitet hat. Noch am Freitagmorgen hatte sie sich keinerlei Gedanken gemacht, was sie am Wochenende erleben würde. Sie konnte es ja auch nicht wissen.
Willkommen in der Zukunft von gestern.
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