Mutter
Ich stehe vor meinem Sofa. Stimmung? - Führerbunker. Auf einem Feldbett schläft Mutter, du schlägst sie, doch sie spürt keine Schmerzen. Es sind verbale Schläge. Ihr Hörgerät ist aus.
Wir nehmen beide Platz.
Dein Arm schlängelt sich langsam um meine Schulter, eine Geste der Versöhnung. Ich schüttle deinen Arm ab. Kuscheln? – Grenzschutz. ‚Lange wird deine Mutter hier nicht mehr liegen können. ‘ Was hast du gegen meine Mutter? ‚Sie ist alt. ‘
Ich stehe auf.
‚In Zukunft werde ich mir eine andere Wohnung suchen. ' Ich überlege. Wann bist du endlich hier weg? In Zukunft ist mir zu relativ.
Du schiebst das Bett meiner Mutter auf den Gang, nimmst ihr die Decke weg. Mutter friert. ‚Lang lebt sie sowieso nicht mehr, die Gute. ‘ Mutter zittert. Du wirst dir einen neuen Freund suchen müssen.
Du gehst.
Ich fühle mich frei. Laune? – Mauerfall. Zuerst schiebe ich Mutter wieder ins Wohnzimmer. ‚Danke Bub. ‘ Bitte Mutter. ‚Jetzt wirst du dann erwachsen. ‘ Dann? Wann beginnt dann?
Bin ich erwachsen, wenn ich den Tabakgeruch in meinem Ford Fiesta mit Mai-Tai Wunderbäumen überdecke, damit die Nichte nicht zur Passivraucherin wird, wenn ich sie ins Tanzstudio fahre? Unwahrscheinlich.
Bin ich erwachsen, wenn ich meine Schlauchtrommeln farblich kennzeichne, um den Flexi-Schlauch mit Sprinkleraufsatz vom Hochdruck-Schlauch mit Regendusche unterscheiden zu können? Eher nicht.
Bin ich erwachsen, wenn ich Ausländer zu Rausländern mache, mich mit Wahlgeschenken, wie einem Kochlöffel kaufen lasse und mein Wahlkreuz immer dort lasse, wo meine favorisierte Oberkrainer-Kombo auf Parteifesten spielt? Nein!
‚Bub, du bist erwachsen, wenn die Zeit gekommen ist. ‘ Danke Mutter.
Ich trete auf den Balkon.
Ich sehe, wie du langsam zum Postbus gehst. Abschiedsgrüße? – Arschloch. Ich höre dich kaum, Mutter hört dich nicht. Ihr Hörgerät ist aus.
‚Wo ist deine Freundin, Bub? ‘ Die geht ins Ausland. ‚Ich wünsche ihr für die Zukunft alles Gute! ‘
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