Näher als ihr denkt
Oh nichts in meinem bisherigen Leben ist vergleichbar mit diesem Moment. Absolut nichts kann auch nur annährend an dieses Gefühl herankommen. Oh, dieses Gefühl…!
Mein Herz schlägt die Adern durch, kräftig und mühelos wie ein Holzfäller. Mein ganzer Körper schreit vor Ungeduld: „Genug!“, dabei meint er das Gegenteil, kann nicht erwarten endlich den Start zu erleben, zu fühlen, was es bedeutet…! Nun ist mir klar, warum ich auf der Welt bin, nun weiß ich es!
„Ausgezeichnete Arbeit, Sir. Eins, zwei Orden sind Ihnen gewiss! Wenn Sie nicht gleich mit Gold übergossen werden!“, scherzt einer meiner Kollegen, lebhaft erfreut sobald er mich erblickt und auch die übrigen scheinen vor Stolz zu platzen. Dämlich. Vollkommener wäre ihre Ignoranz nicht zu ergänzen… Trotz alledem gebe ich ihm ein stolzes Lächeln, wissend. Nichts hier tue ich für diese Strohköpfe – nein, alles für mein Land! Ausschließlich für mein stolzes, gerechtes Land.
Ja, Rache werde ich nehmen, für meine Vorfahren, für das unschuldige Blut ihrer Kinder, das wieder und wieder vergossen wurde. Nun werden SIE zahlen. Verspottet haben sie mich, angezweifelt mein Können. Wieder und wieder und wieder.
Nun werden sie wissen woran SIE sind. Nun werden SIE zugrunde gehen.
Die letzten Checks mache ich eigenhändig, schließlich will ich nicht einen dieser Hohlköpfe mein Lebenswerk anvertrauen. Das wäre ja noch schöner! Gott, nachher würde einer dieser altersschwachen Greise noch einen Gedächtnisaussetzer haben und irgendeinen höchst unnötigen, hirnrissigen Fehler machen!
Nein, mich erfüllt nichts außer Genugtuung beim Betrachten meiner Errungenschaft. Niemand kommt meinem schöpferischen Geist nahe! Beflügelt setze ich meinen Weg fort, bis ich alles gründlich überprüft habe.
Endlich ist es soweit! Mir wird die Ehre zuteil - die lasse ich mir doch schließlich nicht nehmen! – die Zündung auszulösen.
Es wird gejubelt, gejohlt und gegrölt. Überschwängliche, ausgelassene Freude über die endlich – ENDLICH! – errungene Rache; der endgültige Sieg. Wie herrlich die Auslöschung all dessen, was man hasst! Um uns stehen die Monitore in Flammen, zeigen ein prächtiges Feuerwerk gigantischer Explosionen überall auf der Welt.
~
Ich zittere immer noch. Gott, wann hört es endlich auf? Ich kann nicht mehr. Ich habe keine Kraft mehr zu schreien, zu weinen und erst recht nicht mehr für ein Stoßgebet.
Wer rettet mich? Die Phase des Auflehnens gegen den Tod ist längst vorübergezogen, aber mein Körper fleht nach Erlösung, Verzweiflung wallt immer wieder krampfartig auf. Oh bitte, bitte, warum kann das hier kein böser Traum sein? ! Die Verzweiflung… sie frisst mich. Gänzlich. Langsam begann sie - Stunden zuvor. Unwiederbringlich, stelle ich mit einem Grinsen, das wohl mehr als nur ein wenig furchteinflößend auf die Außenwelt wirkt, fest – wenn es doch da draußen bloß noch irgendetwas – IRGENDWEN - geben würde!
Ausgelöscht! Ausgelöscht. aus – gelöscht…
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