Nenn mich nicht Dando.
Nur einmal möchte ich aufwachen, ohne auf meine Uhr sehen zu müssen.
Aber das geht nicht. Als ich hier angefangen habe, sagte mein Chef: „Ich bin Philip und ich sage Fake-Uhren den Kampf an.“
Das Gleiche wird von mir erwartet.
Ich verrate euch ein Geheimnis.
Ich bin kein Uhrenkenner. Ich bin fake.
Ich bin jemand, gegen den der Kampf angesagt werden muss.
Ich hoffe Philip findet es nie heraus.
Ich arbeite.
Ein Kunde wirft eine Uhr nach mir.
„Du hast mir eine billige Rolex verkauft, obwohl ich eindeutig eine Audemars Piquet wollte!“
Mein Chef sieht mich geschockt an.
„Lassen Sie uns allein.“, sagt er zum Kunden.
Dieser verlässt den Laden wütend: „Ich habe früher Lacrosse gespielt, ich muss mir das nicht bieten lassen!“
Als er weg ist fragt Philip: „Bist du, oder bist du kein Uhrenspezialist? Sag die Wahrheit.“
Ich gestehe.
„Als du hier angefangen hast, da hast du einen Vertrag unterschrieben!“, schreit mein Chef.
Ich zucke mit den Schultern.
„Das ist nur Papier und Tinte, das bedeutet gar nichts.“
„Du bist gefeuert!“
Ich verzweifle: „Bitte wirf mich nicht raus, nur weil ich kein Experte bin! Ich möchte nicht obdachlos werden!“
„Ich werfe dich nicht raus, weil du dich nicht mit Uhren auskennst.“, sagt Philip. „Ich werfe dich raus, weil du ein Verräter bist!“
Er zerreißt meinen Vertrag, ehe er dem Kunden hinterherrennt, um die Fake-Uhr gegen eine echte auszutauschen. „Ich muss das alles korrigieren!“, schreit er.
Ich gehe raus. Da steht jemand.
„Ich habe alles gesehen. Ich kann dir helfen!“
„Wobei helfen?“
„Bei etwas Unbedeutendem, was ich deine Zukunft nenne.“, erklärt die Person. „Heute, mein Freund, werden wir eine Bank ausrauben!“
Meine Proteste werden ignoriert.
„Heul nicht rum und hör zu. Wir rauben eine Bank aus. Um genau zu sein, du tust es. Dabei wirst du von mir geschnappt und Bingo! Du kommst ins Gefängnis. Da gibt es warme Mahlzeiten und ein weiches Bett. Klingt gut, oder?“
Ich nicke.
„Warum hilfst du mir?“
„Ich möchte ein Held werden. Das schaffe ich, wenn ich dich festnehme.“
Ich verstehe.
„Wirst du mich besuchen, wenn ich im Gefängnis bin?“, frage ich. „Ich habe keine Freunde in der Stadt.“
„Ich werde dich nicht besuchen. Ein Krimineller und ein Held? Den Medien würde das nicht gefallen.“
„Oh…“
„Wie heisst du eigentlich?“
„Meine Freunde nennen mich Dando.“
Die Person legt einen Arm um meine Schulter.
„Wenn du festgenommen wurdest, wird dich jeder kennen, Dando! Die Bankangestellten, die Polizisten, die Zivilisten – sie alle werden deinen Namen rufen. Also, was sagst du dazu?“
„Ich sage, du machst es mir echt schwer, dazu nein zu sagen, Freundchen.“
Der Plan war ein Hit.
Ich und ein zweiter Räuber wurden geschnappt – von einem Zivilisten.
Mein Auftraggeber wurde entlarvt und ebenfalls verhaftet.
Schaulustige beobachten unsere Festnahme.
Eine Person schreit „Boah is ds geil!“
Ich entdecke Philip in der Menge, er ruft: „Dando, büße deine Strafe im Gefängnis. Wenn du rauskommst, werde ich dich einstellen!“
Das Angebot wirkt fake auf mich.
Ich schüttle den Kopf.
„Nenn mich nicht Dando.“
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