Neongelb
Unvermutet treten Worte in Stille ein, zerbrechen ein Glas aus Altbewährten und lassen uns mit vernichtenden Gedanken allein, wie sich verlaufende Haustiere, deren Schatten an den Straßenlampen unserer mit Raucherlungen geteerten Welt hängen.
-Ich liebe dich.
Warte, was sagst du? Lass es mich doch zuerst erfassen, analysieren, markieren. Ich will es bewerten, was meinst du? 3; 3-?
Deine Argumentation, ich weiß nicht, dein Stil, was soll’s. Lass es mich interpretieren, 400 Wörter, was meinst du, reicht’s? Und meine Gliederung, vergiss nicht auf die Gliederung, in was gliedere ich mich schon, wo sind meine Absätze? Da unter dem Kopf ist einer, kleiner Absatz du. Ich gliedere mich doch! Absätze! Ich setze mich ab! Vielleicht wenn ich mehr markiere, ich könnte meine ganzen Körper markieren, was meinst? Weniger Geist, weniger Hirn, mehr markieren. Vorausgesetzt man kann noch den Stift ansetzten. Hilfst‘s noch bei mir?
Ich weiß es doch nicht.
Schick mir doch deine Interpretation von mir, damit ich weiß was ich tun soll mit diesem ich, das so gar nicht zu mir passt. Hab ja nichts anderes, außer mir. Neongelb. Bin ja schon neongelb für dich geworden. Weil ich mich markiere. So macht man das. Macht es was? Es macht doch nichts, weil ich nichts bekomme. Dein Bericht, wie wäre es mit deinem Bericht, für mich? Das könntest du doch tun, ich lese aus deinen Worten heraus. Das kannst du doch. Du meintest doch. Oder irre ich mich? Falschinterpretation. Inhalt/Ausdruck. Was hast du gemeint?
Habe ich dir nicht alles gegeben? Bin ja schon fast leer. Hast mich leergeschrieben mit deinen Worten, die schon vergessen werden, bevor sie überhaupt ihren Platz auf dem Papier gefunden haben. Hast mich ganz aufgebraucht, weil du aus irgendeinem Grund gedacht hast, dass ich nicht leer werden könnte, dass da immer etwas sein wird. Falscher Ansatz. Falscher Absatz. Das gibt Punkteabzug.
Na, Angst vor der Note, die du Leben nennst? Ich habe keine Angst, warum auch? Bin ja nicht wie du. Du weißt doch nicht was es heißt, mit neongelben Fingern herumzulaufen. Als ob du es jemals bemerkt hättest. Da drinnen, da drinnen geht es vermutlich weiter. Weiter mit Worten, die so grundlos in einem Hohlraum zwischen dem linken Auge und der Stirn hängen bleiben.
Die Worte laufen aus und laufen weg und irgendwann sehe ich sie vermutlich nicht mehr. Dann sehe ich bloß noch gelb. Ich warte also, auf dein Urteil, darauf meine Unzulänglichkeit zu bemerken. 4. Genügend. Genug. Also ob ich genug sein könnte.
Zusammengefasst komme ich zu dem Schluss, dass ich keinen habe, keinen Schlussstrich, nur neongelbe Streifen.
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