Nie ein Ende
Es waren Gedanken. Gedanken, die sich nie aufhörten zu drehen, Gedanken, die Spiralen zeichneten und vergaßen, worum es hier eigentlich ging. Gedanken, die sich stundenlang fragten, was sie denn falschgemacht haben.
Meine beste Freundin, hat den Emoji hinter ihrem Hey vergessen. Den vergisst sie wirklich nie. Es ist nicht so, dass wir uns das ausgemacht haben. Aber die Nachricht hört sich kalt an.
Ich lege mich ins Bett, und meine Augen werden schwer. Aber dieses eine Emoji hält mich wach. Ich überlege warum könnte sie sauer sein? Habe ich vergessen ihren Lippenstift dort zurückzustellen, wo ich ihn gefunden habe? Habe ich sie ignoriert, und die schwere Glastür vor ihrer Nase zugeschlagen?
Habe ich wieder ihren Anruf verpasst? Ich gehe nie ans Telefon, das hat sie mal gesagt.
Hat es so beiläufig erwähnt, als wäre es kaum ein Grund auszusprechen. Doch ihre Augen haben dabei gefunkelt und sind meinen ausgewichen.
Meine Freundin ist nicht immer so. Meistens haltet sie mich fest, so lange ich es brauche, geht mit mir zum Supermarkt, schenkt mir all ihren Schmuck, bis sie selbst keinen mehr hat. Und sie glaubt an mich. Sie ist die einzige.
Sie ruft mich in der Früh an, und ich hebe ab, weil ich mich bessern will, weil ich nicht die sein will, die Angst vor einfachen Telefongesprächen hat, weil ich die beste Freundin meiner Freundin bin.
Sie entschuldigt sich. Sie hat ja das Emoji vergessen. Ich lächle.
Ich mache mich bereit für die Schule. Meine Lehrer nehmen mich nie war. Nur bei der Notenbesprechung, drücken sie mir eine fette 3 in die Hand, die Begründung folgt mit man merkt nicht, dass du da bist. Soll ich jetzt zu schreien anfangen?
Ich male Kreise in mein Heft, erinnere mich an den Satz meiner Deutschlehrerin. Sie hat es zu meiner Sitznachbarin gesagt. Du kannst so gut schreiben. Du kannst dich so gut ausdrücken. Ich lächle meine Sitznachbarin an. Mein Inneres lacht mich aus. Wieder mal. Sie hat gesagt du bist schlecht, ha!
Mir ist aufgefallen, ich bin die zweite Wahl. Mir ist aufgefallen, solange Menschen reden, finde ich in ihren Sätzen immer einen, der mich schlecht macht. Mir ist aufgefallen, wenn ich sie frage, erinnern sie sich nicht mehr an das, was sie gesagt haben. Nie erinnert sich jemand. Außer ich.
Manchmal denke ich, die anderen sind schuld, dass meine Gedanken nicht stoppen. Aber, ich weiß, sie sind es nicht. Ich bin die, die vor mir selbst wegläuft.
Nachts kauere ich in meinem Bett, denke über den Tag nach, reibe meine Finger gegeneinander.
Merke, es frisst alles. Meine Augen, meinen Körper, mein Herz. Immer wieder neu.
Rote Herzen verwandeln sich in schwarze, viele Nachrichten am Tag verwandeln sich in kurze. Es hat kein Ende.
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