Nur hier.
Ich frage mich, ob ich egoistisch denke. Egoistisch bin. Natürlich nur in meinem Kopf. An deinem Bett. Nie würde ich sie mit mir in die Welt tragen. Nicht im Stillen. Aber noch weniger würde ich sie aussprechen wollen. Immer und immer wieder diese Gedanken durchzudenken, erlaube ich mir nirgends. Nur hier.
Sie auszusprechen, käme mir nicht einmal in den Sinn. Ich habe zu viel Angst davor, was unsere Eltern sagen würden. Wenn sie wüssten, wie undankbar ich wäre. Undankbar dafür, dass sie mir jedes Fünkchen elterliche Zuneigung geben, dass sie am Ende des Tages noch übrighaben, auch wenn es nicht viel, vielleicht nicht genug ist. Undankbar dafür, wie sie weiterhin um dich kämpfen, egal um welchen Preis. Manchmal, wirklich nur selten, kommt es mir aber über die Lippen. Nur hier.
Weil ich mich bei dir immer schon geborgen gefühlt habe. Und ich hoffe, du hörst es nicht. Hoffe, du verstehst es nicht. Aber auf die Frage kann mir keiner eine Antwort geben. Antworten scheint es generell nicht viele zu geben. Das stört mich. Macht mir Angst. Du konntest mir immer Antworten geben. Hast sie mir gegeben. Auch wenn sie nicht ganz der Wahrheit entsprachen. Du hast es versucht. Du wusstest, dass ich die Ungewissheit hasse. Du weißt, dass ich die Ungewissheit hasse. Deshalb frisst die Situation mich auf. Und das scheint niemand zu verstehen. Nicht so gut, wie du es tust. Deshalb fühle ich mich fast nirgends verstanden. Nur hier.
Doch was, wenn ich es hier nicht länger aushalte? Denn jedes Mal, wenn ich mich hier niedersetze, neben dich. Allein. Dann kommen die Gedanken, von denen ich denke, dass du sie verstehst. Aber ich weiß es nicht. Und mit zu großer Wahrscheinlichkeit werde ich es nie wissen. Und im ewigen Kreislauf überwältigt mich hier wieder die Unwissenheit, die ich so sehr hasse. Und der ich nirgends entfliehen kann. Nicht einmal hier.
Darum stelle ich mir die Frage, ob ich egoistisch bin. Ob es egoistisch ist, dass ich mir wünsche, dass du nicht länger bleibst.
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