Nur noch ein Meter
„Noch einen Meter und ich bin fertig. .“ dachte sich Valeria, als sie fünf Meter über dem Boden auf einem hauchdünnen, aufgespannten Seil balancierte. Noch ein Schritt, mehr war nicht zu tun. Doch dieser letzte Schritt war immer der schwierigste. Doch dann war sie auch schon auf der anderen Seite, hatte es geschafft, ohne mit der Wimper zu zucken. Erleichtert kletterte sie die Leiter herunter und sah ihre Freude für sie jubeln. Für Valeria war dies einer der erfolgreichsten Momente im Leben. Glücklich fiel Valeria ihren zwei besten Freunden und ihren Eltern in die Arme. Sie hatte es geschafft! Doch in dem Moment bemerkte sie ein anderes Mädchen, wahrscheinlich war es Lisa. Das Mädchen zeigte tiefe Abscheu ihr gegenüber – den Grund sollte sie später erfahren. Denn Lisa war zutiefst eifersüchtig auf Valeria, da sie und nicht Lisa im Vordergrund stand.
Zwei Wochen vergingen, während denen Lisa durchgehend Akrobatikstunden nahm, um sich auf den Balancierwettbewerb vorzubereiten und allen zu beweisen, dass sie besser ist. Als die Talenteshow begann, bekam Valeria böse Blicke von Lisa zugeworfen. Zuerst war Valeria dran, zu zeigen, dass sie das Balancieren in einer Höhe von sechs Metern schaffte. Sie nahm all ihren Mut zusammen, atmete tief durch und ging das dünne Seil entlang bis zum anderen Ende. Nun war Lisa an der Reihe. „Ich bin es die gewinnen muss, ich verdiene die Aufmerksamkeit.“, sprach sich Lisa aufmunternd zu. Die Motivation wirkte und sie bekam ein selbstsicheres Gefühl. Bis zur Mitte hatte sie keine Schwierigkeiten, doch bei ihrem nächsten Schritt begann ihr ganzer Körper zu schwitzen und zu zittern. Dadurch konnte sie kaum einen geraden Schritt wagen. Ihr Kopf war komplett leer, ihre Haut wurde blass, Schweiß ran ihr über ihre Lippen. Die Atmung fiel ihr schwer, ihr Herz schlug dermaßen fest, dass sogar ihr ganzer Körper pochte. Da stand Lisa also, in der Mitte des Weges stand, ganz allein auf sich selbst gestellt. Sie atmete tief durch und schloss ihre Augen, um sich wieder in den Griff zu bekommen. Das gesamte Publikum geriet in Unruhe. „Fällt sie gleich hinab?“, „Könnte sie bei so einer Höhe sterben?“ Doch dann lockerte sich die Spannung bei den Zuschauern. Jetzt fehlten nur noch ein paar Schritte und sie konnte sich den Applaus verdienen, wie es Valeria vorher getan hatte. Doch plötzlich begann sie am Seil erneut zu zittern, doch sie fokussierte nur auf die wenigen Meter bis zum Ziel. Als sie dabei war das linke Bein abzustellen, kam es jedoch nicht am Seil auf, sondern schwebte in der Luft. Sie verlor das Gleichgewicht und fiel. Das Publikum folgte dem fallenden Mädchen in den Abgrund mit weit aufgerissenen Augen. Lisa kam mit einer dermaßen schnell auf dem Boden an. Schreie wurden laut und die Verzweiflung der Maße wurde spürbar. Die Rettung wurde alarmiert und war rasch da, doch für das Mädchen, das hinabgefallen war, kam jede Hilfe zu spät. An diesem Tag hatte Lisa die Aufmerksamkeit bekommen, die sie immer haben wollte, doch ihr Preis war dafür ihr Leben.
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