Oh Adam
„Adam, ich möchte nicht blind aus diesem Leben gehen, ich möchte sehen, Dinge sehen. Ich möchte die Nordlichter sehen, wie ihre grün und lilafarbenen Lichtgeister über den eisig kalten Nachthimmel tanzen, so wie Tänzerinnen, zarte Balletttänzerinnen, unter ihnen glitzern die Schneeblumen und sind ihre Zuschauer. Ich möchte doch nur sehen Adam, nur das Leben sehen, oh bitte Adam, lass mich das Leben sehen.
Adam, ich möchte nicht ohne jemals gerochen zu haben, aus diesem Leben gehen, ich möchte riechen, nur einmal riechen. Ich möchte einmal die Frühlingsluft in Japan riechen, möchte die zuckerwatterosa Kirschblüten, die den Boden bedecken und an kitschige Kindheitsträume erinnern, in meiner Nase spüren. Ich möchte doch nur riechen Adam, das Leben riechen, oh bitte Adam, lass mich das Leben riechen.
Adam, ich möchte nicht taub aus diesem Leben gehen, ich möchte hören, doch nur ein einziges Mal hören. Die Vögel im Regenwald, über das Rauschen des tosenden, endlosen Wasserfalls, ihre Lieder singen hören. Hören, wie sie mit der Leichtigkeit und Präzision eines Opernsängers ihre Werke aufführen, ohne auch nur einmal dafür geübt zu haben. Ich möchte doch nur hören Adam, das Leben hören, oh bitte Adam, lass mich das Leben hören.
Adam, ich möchte nicht, ohne je geschmeckt zu haben, aus diesem Leben gehen, ich möchte einmal, doch nur einmal, den süßen Geschmack der Creme eines New Yorker Cupcake auf meiner Zunge zergehen lassen. Ich möchte schmecken, wie die zart blaue Farbe in meinem Mund zergeht und nichts als Wölkchen übrig bleiben. Ich möchte doch nur schmecken Adam, das Leben schmecken, oh bitte Adam, lass mich das Leben schmecken.
Adam ich möchte fühlen. Lass mich bitte fühlen. Lass mich deine zarte Haut unter meinen Fingern fühlen. Bitte Adam, bitte lass mich fühlen, wie sich deine Haare unter meinen Fingerspitzen anfühlen und wie sich deine vollen Lippen auf meinen anfühlen. Adam, zeig mir wie sich deine Hand an meinem Rücken anfühlt, wenn du mich hältst, fest an dich hältst. Lass mich spüren, wie es sich anfühlt Luft zu bekommen.
Lass mich fühlen, wie sich Wärme anfühlt.
Lass mich fühlen, wie sich Geborgenheit anfühlt.
Lass mich fühlen, wie sich Zuhause anfühlt.
Lass mich fühlen, wie sich Verlangen anfühlt.
Lass mich fühlen, wie sich Lieben anfühlt.
Lass mich fühlen, wie sich Leben anfühlt.
Lass mich fühlen, wie es sich anfühlt, einfach nur Hals über Kopf am Leben zu sein.
Oh Adam, bitte lass mich dich einfach nur Hals über Kopf lieben.“
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