Paris
„Erzähl mir erst von Stralsund.“ Ihre Augen begannen zu leuchten und wieder, griff sie sich in die Haare.
„Ich war nie dort! Stattdessen bin ich direkt mit dem Zug weiter gefahren, nach Paris.“
Dieses Mal verzog Luis sein Gesicht. „Warum diese Stadt?“ Emma sah ihn an und er sah so etwas wie Schalk in ihren Augen. „Kennst du Michael Scott?“ „Wen?“ antwortete er wie aus der Pistole geschossen und Emma grinste so breit, dass sie gut hätte betrunken sein können. „Michael Scott ist ein Autor, der mich nach Paris geführt hat. Wegen eines seiner Bücher.“ „Na, das hat auf jeden Fall nicht aufgehört!“ erwiderte Luis und lächelte, während er an die kleine Bücherei über dem Kaffe dachte.
„Die Geheimnisse des Nikolas Flamel“ murmelte sie leise, und ihm fiel auf, dass sie Nikolas ohne >S< sprach.
Nikola.
„In einem Anhang im ersten Band der Reihe erzählte er, wie er zu dem Buch kam, dass er durch Paris lief und sich verirrte und dann vor einem Restaurant stand. Der Auberge de Nikolas Flamel. Das Haus, vor dem er stand, in dem er ass, es soll einst diesem Alchimisten gehört haben. Ich war immer irgendwie von diesem Mann fasziniert und dieses Buch, diese Bücher habe mir denn den letzten Schub gegeben. Ich wollte nach Paris!“ Die Geste, mit der sie ihre Worte unterstrich, wirkte… groß. Sie streckte ihren linken Arm ruckartig in dem Himmel und begann fast gleichzeitig zu kichern, wenn auch nur für Sekunden. „Ich wollte das Haus sehen. Ich wollte die Straßen hinunter laufen, die nach Nikolas und seiner Frau Perenelle benannt worden waren. Ich wollte mir vorstellen, wie es für sie gewesen sein muss. Ich bin sogar seinen Grabstein besuchen gegangen. Ich wünschte ich wüsste, wo er begraben wurde, ich weiß es klingt komisch, aber ich glaube nicht, dass er tot ist, viel mehr bin ich eine von wenigen, die an den Stein der Weisen glaubt und somit auch, dass sein Grab leer ist.“ Lachend begann sie zu schnauben und suchte nach etwas in seinen Augen, wahrscheinlich Spott oder Unglaube doch Luis war einfach fasziniert.
„Weiter!“ bat, vielmehr drängte, bettelte er und spürte Freude in sich, als ihr Grinsen zu einem breiten Lachen wurde.
„Ich wollte ein Mal den Weg entlang gehen, der in dem Buch beschrieben wurde. Ich wollte die Stufen zur Basilika Sacré-Cœur hinauf laufen. Den Eifelturm nur von unten, vielleicht auch von oben sehen. Notre Dame, die Katakomben. Ich wollte so viel sehen, dass ich meinen Ausflug in die Bretagne abgesagt -“ Sie malte mit den Fingern Gänsefüßchen in die Luft. „- habe. Irgendwann werde ich, dass nachholen, oder noch einmal nach Paris fahren.“ Sie stand auf und lächelte leicht. „Aber ich wollte nicht nur das. Den Spuren eines Buches nach wandern. Ich wollte die Opera de Paris besuchen und nur für fünf Minuten auf der Bühne stehen.“ Ihr Lächeln wurde breiter, träumerischer.
Er überlegte.
„Aber eine Sache wüsste ich doch noch gerne!“ Emma sah ihn erwartungsvoll an. „Ja?“
„Hast du das jemals jemanden erzählt, bevor du gingst?“
Sie lächelte traurig, wehmütig. „Nein.“
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