Queerverweis
Wie fühlt es sich an, eigenen Speichel auf dem Hotelbettkissen riechen zu können? Dieser alte Schlatz, der sich in einer erneuten traumlosen Nacht ansammelte. Wie ist das also, den Kopf aus solch einem Stück zu heben, und gleichzeitig zu wissen: Jetzt muss es weiter gehen.
Aber wie?
Im Tanzschritt sicherlich nicht, wenn die prallen Sonnenstrahlen auf das eigene Gesicht klatschen, gar nicht weiß, wann genau eingeschlafen.
Vielleicht kann unter diesen Umständen noch einiges erhalten bleiben.
Darauf will es aber im Rückschluss keiner ankommen lassen.
Mensch irrt einfach, von einer Gasse zur nächsten. Das wird so gemacht, wenn niemand weiterweiß. Oder wenn Mensch nachtaktiv ist und nichts mit dem Mittag, Nachmittag anfangen kann. Das wird dann möglicherweise holprig.
Wie damals, als ich 43 Stunden am Stück wach war. Zugegeben, kurz bin ich eingenickt, in der Schule. Da bin ich zum nächsten Supermarkt geschlendert, hatte ja schließlich in der Pause Hunger. Wie fremdgesteuert über den Haufen eingekauft. Drei Äpfel in einer Plastiktüte, rot, aber nicht etwa die mittelgroßen knackigen, vielmehr die großen, aus denen bestenfalls Apfelmus gemacht wird. Punschkrapfen, diese pinken Biester. Alle in einem Rutsch verschlingt, die Äpfel aber liegengelassen, am nächsten Tag verteilt.
Beim Verschlingen, da schaute ich Videos, an eines kann ich mich noch etwas erinnern: Da kommentiert jemand die Politik, ziemlich zynisch sogar. Wurde sofort von der Moderation entschuldigt. Vielleicht etwas fragwürdig.
Der Tag verstrich. Ich weiß noch, ich hatte Hornunterricht danach; Hornstunde. Allerdings nur 45 Minuten. Danach: Schnell nach Hause, sich einsperren, abriegeln. Gewiss, es ging nicht mehr, und ich fiel in einen gefühllosen Schlaf, allerdings erst, als die ersten Vögel wieder zu zwitschern begannen.
Der nächste Tag. Äpfelverteilung. Erwartung gestern: Vielleicht will ja Peter einen, wird sogar dankbar sein. Essen und blondgelockte Menschen, das hat Potential. Daran erinnere ich mich nämlich auch: Mittagessen mit Peter, das war jedoch viel später. Fusions-Küche. Wir zwei, haben das Restaurant schon gekannt, und doch wirkte alles wie unentdeckt. Reis und Zitronenlimonade aus der Glasflasche. Karges Gespräch. Auch über das geplante Stadion, irgendwo eine Übereinkunft an Interessen finden. Bedingt funktioniert.
Ein Wirrwarr über mehrere Monate. Die Fotoreihe mit Peter als Motiv, mein Sweatshirt tragend, Regenbogenschirm haltend, hinter der Tür hervorschauend. Ein einladendes, genauso ausladendes Bild. Folgende Vorstellung: Frech die Zunge ausgestreckt, den Kapuzenpulli über die Locken gezogen, eine Pilotenbrille, die die blassblauen Augen verdeckt. Hervorlugend aus der massiven Holztür unserer Schule, die kupferne Klinge miteingefangen. Bei diesem Anblick, beim Verarbeiten der Bilder, da wusste ich, es ist nicht die Frage, ob ich noch kann; denn die Aussage an sich ist schon: Ich will. Noch weiter. Noch mehr. Noch inniger.
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