Rache heilt keine Wunden
Jetzt liegt sie tot in meinen Armen. Ihr Anblick, er zerreißt mich förmlich. Wieso trifft es schon wieder mich? Erst ihre Mutter, sie nahm mir der Krebs, und jetzt auch Cara, mein kleines Mädchen, auch sie konnte sich den Klauen des Todes nicht entziehen. Sie war doch noch so jung, in meinen Augen noch so klein. „Matthias… er… er war es“ ihre letzten Worte, die quälend langsam und leise von ihren Lippen geformt wurden und ihren Mund verließen. Ich wusste, dass er ihr nicht guttut, aber zu so etwas fähig zu sein, das habe ich nicht einmal ihm zugetraut. Die Tränen strömen, doch plötzlich wird mir klar, er darf nicht weiterleben, so wie er meine über alles geliebte Tochter nicht hat weiterleben lassen. Ein Ruck geht durch meinen Körper, der Zorn steigt meine Kehle hinauf. Wütend gehe ich zum Waffenschrank. Mit geladener Pistole stürme ich aus dem Haus, überquere Straße um Straße, passiere Häuser um Häuser. Da, dort vorne ist es schon, dort seh ich ihn am Fenster stehen. Ich klingle und klingle, bis er die Tür mir öffnet, betrete stürmisch das Haus und richte den Lauf meiner Pistole auf sein Herz, direkt dort unter seiner linken Brust. Ich merke ihm gleich an, er steht unter Drogen und ist vollkommen betrunken. Er nuschelt zusammenhangslose Sätze und ich halte es nicht mehr aus. Ich werde ihm seine grauenvolle Tat nie verzeihen können. Der Anblick dieses Menschen, der mir meine Tochter nahm, lässt mich, ohne zu zögern und hasserfüllt abdrücken. Er fällt leblos zu Boden und rührt sich keine Sekunde mehr. Sein Antlitz, es ist mir zugewandt und zeigt mir seine weit aufgerissenen Augen. Eine Blutlache entsteht am Boden. Seine roten Haare steigern meinen Hass auf ihn. Doch wieso befriedigt mich dies Bild nicht? Wieso trifft keine Glückseligkeit mein Herz? Ich wende mich ihm ab und schließe die Tür. Ich wandle durch alle Straßen der Welt und empfinde keine Erlösung. Langsam wird mir bewusst: Keiner kann mir mein Mädchen jemals wieder zurückbringen, keiner wird mir diesen Schmerz jemals nehmen können und keiner kann die Last des Leidens jemals von mir nehmen.
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