Reset
Angst. Das beschreibt mein Gefühl in dieser Situation wohl am besten. Fürchterliche Angst, die alles zerreisst. Angst, wieder enttäuscht zu werden. Angst, wieder zu enttäuschen. Angst, die letzten Menschen, die mir nahestanden, zu verlieren. Und mit dieser Angst lasse ich mich von meiner Mutter in unserem dunkelblauen Volvo nach Hause fahren. Nach Hause. Wie fremd das klingt. Schon so lange bin ich nicht mehr dort gewesen. So lange schon, dass ich mich fast nicht mehr an mein Zimmer erinnern kann. Ob sich wohl etwas verändert hat? Es ist kalt. Winter. Genau die Jahreszeit, in der es mir immer am schlechtesten geht. Ich hauche gegen die Fensterscheibe des Autos. Sie beschlägt. Eine kleine Wolke, in die ich mit meinem Zeigefinger Schlieren zeichne. Sie alle verlaufen ineinander. Dünne Linien, die scheinbar zueinander gehören. Und wo gehöre ich hin? Für die letzten 2 Jahre ist das karge Zimmer der psychiatrischen Klinik meine Heimat gewesen. Weiße Wände, von denen der Putz rieselt. Keine spitzen Gegenstände. Keine Handys. Kein Kontakt zur Außenwelt. Die Erinnerungen fliegen als Fetzen durch meinen Schädel. Die Geschlossene als Heimat zu bezeichnen, kommt mir lächerlich vor. Sicher, man hat dort versucht, mir mit allen Mitteln zu helfen, aber wahre Freunde habe ich dort nicht gefunden. Nur Menschen, die ähnliche Krankheitsbilder wie ich aufwiesen. Depressionen, Essstörungen, Borderline, Schizophrenie, die Liste könnte ich ewig fortfahren. Welcher Kategorie ich angehöre, ist nicht von Bedeutung. Wichtig ist nur, dass ich nach einem Suizidversuch zwangseingewiesen wurde. Was darauf folgte, war ein schwerer Weg der langsamen Besserung. Viele Fehler, Rückfälle und Dramen. Doch nun bin ich, laut den Ärzten, geheilt. Ich selbst bin mir da nicht so sicher. Die extreme Vorfreude auf „Zuhause“ ist noch nicht da. Sondern nur Angst.
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