Rote Autos sind gefährlich
Ohne Alkohol bei der ersten, richtigen Party meines Lebens aufzutauchen und damit auch noch meiner BFF den Geburtstag zu zerstören ist falsch, nur woher soll ich, ein 15-jähriges Mädchen, Alkohol herbekommen? Im Haus gibt es keinen, den ich stehlen könnte, im Supermarkt verlangen sie Ausweise. Ich muss es also hinbekommen, entweder meinen Ausweis zu fälschen oder die Verkäufer dazu zu bringen, gar nicht nach ihm zu fragen.
Ich stürme in das Zimmer meiner großen Schwester und suche mir Kleidung aus, die erwachsen wirkt. Ich vertusche mit Make-up meine Sommersprossen, und trage roten Lippenstift auf, um älter auszusehen. Mit meinem neu kreierten Look sehe ich noch nicht erwachsen genug aus. Eines von den Autos meiner Eltern muss doch Verwendung finden, besonders der rote Ferrari. Ich hole mir die Schlüssel aus dem Safe und betrete die Garage. Autofahren kann ich schon, mein Onkel hat mich einst auf einem Parkplatz fahren lassen, wo nichts außer einer Wand angefahren wurde. Aber jetzt bin ich älter und werde es ganz sicher schaffen, autozufahren. Wenn ich die Videokameras stoppe, wird niemand bemerken, dass ich das Auto überhaupt ausgeborgt habe.
Ich setze mich in das Auto und spüre, dass ich doch etwas Angst vor dieser Fahrt habe. Vorsichtig starte ich den Motor. Das Ausparken ist schwerer, als ich es erwartet habe. Plötzlich verwechsele ich das Gaspedal mit der Bremse. Ich kneife die Augen zu und höre ein dumpfes Geräusch. Vorsichtig öffne ich meine Augen. Der Ferrari ist geradewegs gegen die Wand geknallt.
Ich steige aus dem Auto und untersuche den Schaden. Nur ein paar Kratzer. In einem Kinofilm habe ich gesehen, dass es reicht, die Kratzer einfach mit Nagellack in Farbe des Autos anzumalen. So gut wie in den Filmen hat es zwar nicht geklappt, aber sehr viel schlechter ist es auch nicht geworden.
Ich starte den Wagen erneut, diesmal führe ich ihn ohne weitere Schäden aus der Garage. Die Fahrt über die leere Landstraße verläuft ohne Probleme, auf einer Straße mit mehreren Autos tue ich mir schwerer. Besonders, weil ich nicht so schnell fahre, beginnen alle anderen Autofahrer zu hupen. Vor einer kleinen Tankstelle mit Supermarkt halte ich an. Das Auftanken des Autos fällt mir ziemlich schwer, besonders, weil ich High Heels trage. Danach betrete ich selbstbewusst die Tankstelle, hole mir gleich mehrere Flaschen hochprozentigen Alkohol und stelle mich an der Kasse an.
Hocherfreut, dass man mir nicht angemerkt hat, dass ich erst 15- Jahre alt bin, verlasse ich die Tankstelle. Jedoch werde ich bald von einem Beamten angehalten. Mein Herz beginnt zu rasen. Ich bin mir sicher, dass der Polizist meinen Herzschlag auch hören kann. Sachte, ich zittere am ganzen Körper und meine Knie fühlen sich wie Pudding an, steige ich aus dem Auto. Dieser Tag darf doch nicht so enden! Oder doch? Vielleicht will der Polizist bloß einen Alkoholtest machen? Der Polizist meint aber zu mir: „Einem Oligarchen wurde eines seiner wertvollsten Autos gestohlen – ein roter Ferrari. "
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