Rotweinträume
Sie wird am Fenster sitzen, in den Dezember starren.
Den Kopf auf die Knie gelegt,
mit dem Finger an der eiskalten Scheibe entlangfahrend.
Sie wird ihre Träume und Hoffnungen in das beschlagene Glas einbrennen,
lange werden sie noch dort anhaften.
Die Rotweinflasche neben ihr zur Hälfte geleert,
kalte, gerötete Finger auf noch kälterem Glas.
Sie wird sich selbst in der Mitte eines Satzes verlieren.
Mit der Sehnsucht eines Kindes nach der Liebe suchen,
mit dem Zögern einer Enttäuschten ausrutschen.
Auf den gefrorenen Straßen der Stadt.
Sie wird an die Zukunft denken,
wird sich fragen ob und wann und wieso.
Ob Blut in ihren Adern flöße oder bereits Rotwein.
Sie wird die Passanten fragen, die an ihrem Fenster vorbeigehen,
aber keine Antwort bekommen, das Glas ist zu dick.
Wann wird der Frühling den Winter, die Zukunft das Jetzt ablösen?
Fingerkuppe schreibt jeden Zentimeter der Scheibe voll.
Die Buchstaben verschwinden vor ihren Augen.
Wieso schafft sie es nicht unter der Wasseroberfläche hervorzubrechen,
wo das Glas doch ohnehin halb leer ist.
Genau wie die Rotweinflasche.
Sie wird auf einem Hügel sitzen,
Erde unter ihr, Himmel über ihr.
Hände auf dem Boden, Kopf auf den Knien,
Rotwein trinkend.
Mit dem Wind fliegend, Sonne in den Augen, die Flamme einfangend.
Die Rotweinflasche wird leer sein.
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