SagenNichtsInVielenWorten
Da ist ein Filter in meinem Kopf.
Ich bin gewandt mit Worten. Alle, mit denen ich jemals welche gewechselt habe, haben mir das gesagt. Ich kann alles wunderschön umschreiben.
Die Wahrheit einwickeln, Schicht für Schicht, bis sie unkenntlich wird. Dich mit schönen Sätzen umschmeicheln.
Da ist ein Filter in meinem Kopf.
Doch er filtert die Essenz heraus, die ich aussprechen möchte. Die Essenz wird so lange herausgesiebt, bis sie beinahe komplett fort ist.
Doch was ich nicht kann, ist die Wahrheit sprechen. Auf den Punkt kommen. Meine Gedanken Wort für Wort so zu sagen, wie sie mir in den Kopf schießen.
Da ist ein Filter in meinem Kopf.
Ich spreche die Wahrheit nur in homöopathischen Mengen. Ich verdünne sie immer mehr, bis quasi nichts mehr von ihr übrig ist. Trotzdem verpacke ich mein Gesagtes so, dass es wirkt. Aber eigentlich tut es das gar nicht.
Da ist ein Filter in meinem Kopf.
Er verdreht mir die Worte, die meine Gedanken formen so, dass nur Schwachsinn herauskommt. Grammatisch ist es zwar korrekt, aber sonst stimmt nichts. Wo ist die Meinung in meinen Sätzen hin?
Da ist ein Filter in meinem Kopf.
Ich weiß nicht, wann er sich in mein Dasein geschlichen hat und ob ich ihn je wieder loswerde. Er lässt nur leere Worte ohne Ende aus meinem Mund.
Da ist ein Filter in meinem Kopf.
Der Filter ist die Gesellschaft. Sie hat mich so geformt. Als Frau sagst du das am besten nicht. Kritisiere ja nicht die Idioten in ihren teuren Autos und den Machtpositionen.
Sei scheinheilig. Sag genau das, was sie hören wollen. Nur so bringst du‘s weit. Aber will ich, dass sie mich so weit bringen? Mich mundtot machen und wie die Masse nur Massen an Worten hinauskotzen in die Welt, nur zu dem Zweck, dass sich niemand mehr auskennt?
Will ich es so weit bringen?
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