sammelsurium an momenten
null
ob ich die gänseblümchen schön finde, fragst du mich. ich kann nicht antworten, ich muss nachdenken. über die einsamkeit und über die tränen und über die leere und über dich. drei augenblicke vergehen, bis ich überrascht aus dem fenster schaue. gänseblümchen im dezember? doch da fällt es mir wieder ein. du bist weg und ich schreibe eine ode an die verschwundenen.
eins
stumm schweift mein blick über die schmutzige kleidung, die schon seit mehren tagen den gleichen fleck boden einnimmt. meine augen landen auf dem foto, das in dem zerbrochenen rahmen auf dem nachttisch steht. du lächelst und plötzlich sind wir wieder zehn, liegen kichernd in deinem zimmer, flüstern uns geheimnisse zu und beschützen uns vor dem monster unterm bett. wir stehlen weingläser und traubensaft aus dem kühlschrank, weil wir so verdammt erwachsen sind. machen marmelade, rennen im wald bis unsere beine blutig sind und bauen staudämme in kniehohen flüssen.
jetzt ist alles anders. du bist nicht mehr hier; weit weg. im süden – dort, wo die sonne immer scheint. von warmen abenden, sonnenblumenfeldern und tanzen im regen erzählst du mir, und davon, dass du so voller liebe bist. ich bewundere deine unbeschwertheit und wahrscheinlich steckt da auch ein bisschen hoffnung drinnen, denn vielleicht kann ich dich ja wieder sehen?
zwei
kannst du dich noch an letzten sommer erinnern? wie wir den trunkenen libellen beim tanzen zugesehen haben und wie wir uns alles erzählen konnten. die morsche holzbank im garten meiner oma, die angeblich schon über hundert jahre dort steht, ist dein lieblingsplatz gewesen. sie hat alles überstanden, jedes wetter und jeden umbau. nur uns nicht. manchmal bist du darauf gelegen, mit der sonne im gesicht, und hast mir aus deinem lieblingsbuch vorgelesen. jetzt ist wenig von ihr übrig. zwei schläge und ein entsetzter blick von dir haben gereicht.
drei
mein erstes geschenk an dich ist ein gänseblümchen gewesen, das zweite mein herz. sag mir, denkst du manchmal an mich? denn in meinen träumen redest du mit mir, und ich wollte dir eigentlich nur sagen, dass egal, ob ich morgen wieder mit vergissmeinicht vor deiner tür stehe, egal, ob ich alle meine habseligkeiten in eine tasche packen kann und der weltschmerz mit sicherheit irgendwann zu groß werden wird; ich will mein lieblingslied wieder mit dir gemeinsam anhören können.
vier//carpe diem
der frühling kommt näher, mein lächeln zeigt sich. hinter den wolken fängt das vogelgezwitscher an und mit einem mal ist es wieder august; ein warmer sommersonnentag. die luft riecht nach frischen gräsern und heißem asphalt. in der ferne lachen kleine kinder und die sonne zieht langsam an uns vorbei. du liest mir ein gedicht vor – über ikarus und seinen übermut. ich höre dir gerne zu, auch wenn meine augenlider immer schwerer und sie bald gemeinsam mit ikarus nach unten fallen werden.
leise summe ich vor mich hin, denn das glück liegt ausnahmsweise einmal in meinem herzen. obwohl ich ziemlich wenig weiß; wir haben noch kein ende.
Wir danken unseren Unterstützern
Mit Unterstützung folgender Wiener Bezirke:
Für Sponsoringanfragen wenden Sie sich bitte an Margit Riepl unter margit.riepl@gmx.at
Wenn Sie "Texte. Preis für junge Literatur" unterstützen möchten, spenden Sie bitte auf folgendes Konto:
Literarische Bühnen Wien, Erste Bank IBAN: AT402011182818710800, SWIFT: GIBAATWWXXX