Schüchternes Balzen hat auchvon Ella Wolff
Eins
Ich bin ein stummer Diener, Trägerin meiner Vergangenheit, die sich in Schubladen gliedert. Manche zu öffnen, verlangt Geduld und Anteilnahme. Andere beugen sich dem willigen Zuhörer zu schnell und springen unerwartet auf. Sie alle unterstehen mir, ich bin ihre Herrin – doch auch die stärkste Zeltplane hat ihre rissigen Stellen.
Gemeinsam benutzt: den Leim, der meine lockeren Fächer zusammenhält.
Zwei
Du bist eine rauschende Daunendecke, ein sanfter Druck auf meinen Schultern, der mich an die Präsenz eines Zweiten erinnert. Wenn ich einsam die Zimmerwand anstarre und Löcher in der Luft flimmern, bindet mich deine Essenz zurück an die Gegenwart. Mein Sinn für diese Welt erhält durch dich eine wesentliche Nebenbedeutung.
Gemeinsam getragen: die Last schwerer Entscheidungen, die uns doch nur den Rücken stärkte.
Drei
Ich bin ein weicher Kopfpolster, ein Auffanglager für die Träume, die als filigrane Wortfragmente unseren Raum durchqueren. Langsam und bedächtig sickern sie durch den Stickbezug und wärmen mich von außen. Geflissentlich führe ich dort die Trennung durch, entferne potenzielle Gefahrenquellen und sortiere Saatgut für Konflikte.
Gemeinsam empfunden: die Stunden der Konsonanz, die uns als Resultat gegenseitiger Wertschätzung gegeben sind.
Vier
Mich umgibt ein Hauch von Lavendel, eine Manifestation der Verbindung, die zwischen uns existiert. Er erinnert an Nebenkammern erholsamer Zweisamkeit, wenn in der großen Halle der Weltentrubel auf uns einstürmt.
Gemeinsam geschlagen: das Labyrinth an Verzweigungen, das uns nach verzweifelten Sackgassen nur noch einen Ast in den Weg stellt. Ihn zu überwinden, ist kein schwieriges Unterfangen.
Ich sinniere? Vielleicht.
Was zu tun ist, wüsste ich.
Aber… Bin ich nicht doch nur ein stummer Diener?
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