SCHINDER
Es war ein warmer Frühlingsabend, die Sonne verschwand langsam mit ihrem rot-orangenen Licht hinter dem Horizont. Lana schloss die Haustüre, warf sich eine Jeansjacke über, stieg in ihren roten Mercedes und fuhr los. Endlich war es soweit, endlich würden sie und ihr Freund John den nächsten Schritt wagen, endlich würde Lana ihre Jungfräulichkeit, welche sie schon zu lange wie ein Schandmahl trug, ablegen und zu einer echten Frau werden. Als sie an der verabredeten Stelle ankam, begann Lana die große Picknickdecke auszubreiten und Kerzen anzuzünden, welche für die nötige romantische Stimmung sorgen sollten. Auch für Rotwein hatte Lana gesorgt. Der Rotwein sollte John helfen, seine Scham abzulegen und schneller zur Sache zu kommen. Ungeduldig saß Lana auf der riesigen Decke, lüstern auf ihren Freund wartend. Am liebsten hätte sie sich auf dem Weg zur Lichtung auf jeden Pfosten gesetzt, um dem Pulsieren zwischen ihren Beinen Einhalt zu gebieten. Nach einer gefühlten Ewigkeit des Wartens erschien John, und sie tranken den Wein. Als Johns Verstand begann, sich zu vernebeln, begannen die beiden, sich ihrer Kleider zu entledigen, und lagen schließlich aufeinander. Genauso hatte Lana es sich immer vorgestellt. Sie spürte Johns ganzes Gewicht auf sich und küsste ihn euphorisch. Doch die Euphorie verwandelte sich schnell in Wut, welche sämtliche Lust und Glücksgefühle aus Lana herausspülte, als John nach gefühlten zehn Minuten immer noch auf ihr herumrutschte. Sie hatte doch an alles gedacht, die romantische Atmosphäre, den Wein, der John die Angst nehmen sollte, und trotzdem schaffte es der Vollidiot nicht, Lanas ewiges Bedürfnis zu stillen. Wutentbrannt stieß sie John, welcher mit dem Rücken auf den Boden krachte und sie verwundert ansah, von sich weg. Und ehe sie realisieren konnte, was sie tat, stach sie ihm den Korkenzieher in den Hals. Die geschwungene Metallspitze bohrte sich schnell in das zarte Fleisch und zerfetzte seinen Hals. Lana musste die Halsschlagader getroffen haben, denn eine rote Fontäne begann bald schon Blut in alle Richtungen zu spritzen. John sah Lana, welche ihm stinksauer beim Sterben zusah, fassungslos an, ehe sein Ausdruck der Fassungslosigkeit und des Horrors zu einem Starren ins leere Nichts wurde. Fasziniert sah Lana den Körper ein paar Augenblicke länger an, ehe sie den Rest des Weines nahm, ihn über die Leiche und Kleidung schüttete, dann mit einer Kerze alles anzündete und die lichterloh brennende Lichtung verließ. Zum aller ersten Mal war sie befriedigt, und mit dem Wissen, was ihre Lust stillen konnte, machte sich Lana auf den Heimweg.
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