Schwarzsehen mit Farbe
Kann ich etwas vermissen, das noch nicht passiert ist?
Es fühlt sich auf jeden Fall so an. All diese Pläne. . . hinfällig.
Meine Welt hat einen Schwarz-Weiß-Filter. Hat sich dreist darübergelegt. Als hätte jemand all die Farbe herausgesaugt, wahrscheinlich auch noch mit einem Einweg-Plastikstrohhalm, um sich an ihr zu bereichern. Hoffentlich waren es chemische Farben, die im Falle eines größeren Verzehrs zu Vergiftungserscheinungen führen. Das ist dann ein klassischer Fall des Zu-viel-des-Guten. Nicht, dass ich irgendjemandem etwas Gutes wünschen würde. Nein, das doch nicht und ich? Niemals! Es soll ihnen nur genauso abgrundtief schlecht gehen wie mir. Eine Art emotionalen Kommunismus. Sind wir ja alle gleich schlecht dran dann. Wünschenswert? Zurzeit schon.
Vielleicht sollte ich nicht so schwarz sehen. Ha, leicht gesagt, aber da ist ja noch dieser Filter. Ich sehe faktisch schwarz. Alles, was mal irgendeine Farbe hatte, ist jetzt ein dunkler Schemen. Der Rest ist blasse Leere. Makaber. Ich frage mich, wer sich so schmafu benimmt und sich das anmaßt, mir meine Farben zu klauen. Sie sagen, eine psychische Krankheit. „Wer hat dir das erlaubt?“, frage ich mich nicht nur, um die Prinzen zu zitieren. Ich würde mich gerne mal an einen Tisch setzen mit ihr und mich unterhalten, bis wir beide zu dem Schluss kommen, dass sie das nicht mehr machen soll. Soll mir nicht die Lebensessenz rauben. Bis jetzt hat sich das leider als schwierig herausgestellt, denn sie hat leider weder Telefonnummer noch Adresse. Laut derzeitigen, (nicht) wissenschaftlich gestützten Voraussagen wird das auch eine Weile so bleiben. Aber wie soll es auch anders werden? Ganz bestimmt dadurch, dass ich hier in meinem, selbst fabrizierten, aus Buchstaben bestehendem Elend bade.
Worauf sollte man sich auch freuen? Ich meine, wir haben unsere nachkommenden Generationen ja bereits enterbt. Steht da klipp und klar im Testament:
„Für euch bleibt nichts übrig von der Erde. Selbst schuld, dass ihr so selbstsüchtige Vorfahren habt - MfG, Eure selbstsüchtigen Vorfahren.“
Ein paar von den Verrückten mit Gewissen rennen da draußen noch herum und versuchen, einen Pflichtanteil herauszuschinden. Ich vermisse die Zukunft, die sie gehabt hätten. In einer anderen Welt mit besseren Entscheidungen. Vielleicht können wir es noch schaffen. Hoffnung existiert (noch). Hoffnung auf eine Abwandlung des „American Dream“ auf die gesamte Menschheit, bei dem die Alternative Extinktion heißt. Aber bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt. Aber kann sie nach dem Menschen sterben, der sie ins Leben gerufen hat? Eigentlich nicht. Paradox. Vielleicht sollte man das zum Anlass nehmen, nicht auszusterben, um diese Redewendung aufrechtzuerhalten. Sich nicht dauernd über die aussichtslose Situation beschweren, sondern mit der Vergangenheit leben und die Zukunft zu verändern.
Vielleicht muss auch ich mit meinen Schatten leben. Da ist ja auch noch diese Leere. Mit genügend Platz für Farbe, Raum für etwas Neues. Ambitioniert, ich weiß.
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