Seelenschnitt
„Geh bitte!“, jammere ich. Doch sie hören mich nicht. Kopf und Herz streiten sich. „Bitte, bitte, bitte. Nicht schon wieder“, denkt sich meine Seele. Vielleicht nicht wirklich meine Seele, aber diese Seite in mir, die das Leiden am stärksten spürt. Der Teil von mir, der es nicht mehr aushält an ihn zu denken. Der es nicht mehr aushält zu fühlen. Meine Brust zieht sich zusammen und ich spüre den stechenden Schmerz. Es durchreißt und zerreißt mich. Meine Lungen schließen sich, ich verschlucke mich an meinen Tränen. Das niederprasselnde, lauwarme Wasser und die ohrenbetäubende Musik aus der Box, machen mein Leiden für die anderen lautlos. „Heute nicht“, brülle und flehe ich nochmal. Erbarmungslos. „Ich will ihn zurück. Wenn du dich mit ihm aussprichst, haben wir vielleicht noch eine Chance. Er könnte sich für uns ändern. Kämpfen. Uns wieder glücklich machen, ich war heiter und frei mit ihm. Ich war leicht. Jetzt bin ich schwer“, flüstert mein Herz. „Nein, das sind die Hormone. In Biologie haben sie uns das doch beigebracht, dass es sich nicht um Liebe handelt. Stattdessen haben hier Serotonin, Dopamin und Noradrenalins die Finger im Spiel. Kannst du dich nicht erinnern, Herz? Es geht vorbei. Wir dürfen nicht armselig und schwach erscheinen“, entgegnet mein Kopf. Hört das nie auf? Frust baut sich in mir auf. Die Zwei rauben mein Glücksgefühl. Beide blöde Organe sollen sich einfach einigen und still sein. Im Endeffekt sind sie ja nur Körperteile. Wann kommt wieder Frieden in meinen ganzen Körper? Ich will losgelöst von Herz und Kopf sein. Glückvergessen. Oder zu mindestens betäubt und gefühlslos. Frei von ihm. Kraftlos, lautlos forme ich die Worte mit meinen Lippen: „Geh, bitte.“ Und hoffe, dass mein jammerhallender Schmerz, Kopf und Herz mich erhört.
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